Eine hochkarätige Jury tagte Ende Juli im Synagogenzentrum Mainz und hat Künstlerinnen und Künstler ausgewählt, die noch in diesem Herbst das neue Projektstipendium SchUM Artist in Residence in Speyer, Worms und Mainz antreten werden. Bei 90 sehr ambitionierten Bewerbungen aus aller Welt und allen Kunstsparten fiel die Entscheidung nicht leicht.
Zur Jury gehörten die Kunstkritikerin Dorothee Baer-Bogenschütz (Wiesbaden), die Lyrikerin Nora Gomringer (Bamberg), der Architekt Manuel Herz (Köln/Basel), der Musikprofessor Sebastian Sternal (Mainz) und der Autor Feridun Zaimoglu (Kiel). Der Mainzer Kurator Günter Minas, künstlerischer Leiter des Projekts, wird in den nächsten Monaten gemeinsam mit den Stipendiaten ein umfangreiches Veranstaltungsprogramm entwickeln und die Präsentation der in den SchUM Städten entstandenen künstlerischen Projekte vorbereiten.
Gesucht wurden Künstlerinnen und Künstler, die sich für sechs Wochen intensiv mit der Geschichte und Spiritualität des mittelalterlichen jüdischen Städteverbunds SchUM auseinandersetzen und ein entsprechendes aktuelles Werk schaffen. Schließlich wurden eine Musikerin, ein Architekt und eine bildende Künstlerin ausgewählt.
Avery Gosfield, in Italien lebende Amerikanerin, ist Spezialistin für Alte Musik, spielt neben der Blockflöte weitere historische Instrumente und ist Projektleiterin der Jüdischen Musik- und Theaterwoche Dresden. Gemeinsam mit ihrer Gruppe „Ensemble Lucidarium“ wird sie eine Komposition erarbeiten, die auf jüdischen Text- und Musiküberlieferungen beruht, aber auch Neukompositionen und Improvisation enthält. Die Mikwe in Speyer in ihrer architektonischen und klanglichen Struktur wird dabei Inspirationsquelle und Aufführungsort.
Mainz wird für sechs Wochen der Arbeitsort für den Argentinier Germán Morales sein. Der Architekt hat sich auf die Rekonstruktion und Erfassung historischer Bauten spezialisiert und in seinem Heimatland bereits über jüdische Kolonien in der Provinz Entre Rios geforscht. Er wird mit Zeichnungen und Fotos das architektonische Erbe der drei Städte erfassen und dabei auch vorhandene Archivquellen ausgiebig nutzen. Ergebnis seiner Arbeit wird eine virtuelle Publikation sein, die auch pädagogisch nutzbar ist.
Das dritte Stipendium geht an Katya Oicherman. Sie wurde in der UdSSR geboren und lebt heute in New York. Als bildende Künstlerin hat sie sich mit Video, Installationen und Performances beschäftigt. Sie möchte in Worms eine Serie von Handstickereien anfertigen, die Bezug auf das „Minhagbuch“ nehmen, eine Sammlung jüdischer Gebräuche und Riten, die Juspa Schammes, Chronist der Wormser jüdischen Gemeinde im 17. Jahrhundert, angefertigt hat.
Das Projekt ist eingebunden in das bundesweite Festjahr #2021JLID, das der Verein „321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V.“ mit seiner Geschäftsstelle in Köln organisiert und koordiniert. Das Land Rheinland-Pfalz und die drei beteiligten Städte tragen zur Finanzierung und Realisation bei. (Fotos: privat)
Aktuelles: www.schum-residence.de
Ausführliche Information zu den SchUM Städten: www.schumstaedte.de
SchUM: ein Akronym aus den mittelalterlichen hebräischen Städtenamen
Speyer = Schin (Sch) = SchPIRA,
Worms = Waw (U) = Warmaisa
Mainz = Mem (M) = Magenza.