Bettina Wilhelm ist von der in Speyer tagenden Synode der Evangelischen Kirche der Pfalz zur weltlichen Oberkirchenrätin gewählt worden. Von 67 abgegebenen Stimmen entfielen auf die 52-jährige juristische Referentin aus Kaiserslautern 48 Ja-Stimmen. Wilhelm setzte sich damit im ersten Wahlgang gegen den Bad Dürkheimer Richter Marco Hößlein (5 Stimmen), den Juristen Peter Lässig aus Remscheid (6 Stimmen) und die Bremer Juristin Wiebke Wietschel (8 Stimmen) durch.
Es gab keine Stimmenthaltungen.
Wilhelm tritt damit die Nachfolge von Oberkirchenrat Dieter Lutz an, der Ende 2020 in den Ruhestand geht. Die 53-Jährige hat das erste und zweite juristische Staatsexamen und ist seit 1995 in verschiedenen Bereichen der Evangelischen Kirche der Pfalz tätig, beispielsweise in der Gleichstellungsstelle, im Bereich Bildung und Schule sowie auf dem Gebiet von Dienstrecht sowie Medienrecht. Wilhelm ist juristische Referentin für vier Dezernate in der Landeskirche. Zu ihren Aufgaben gehört unter anderem auch die Personalführung, etwa von Pfarrerinnen und Pfarrern sowie Lehrkräften am Evangelischen Trifelsgymnasium in Annweiler. Sie hat ein Kind und engagiert sich als Vorstandsmitglied im Bauförderverein der Stiftskirche Kaiserslautern.
2010 ist Wilhelm zur landeskirchlichen Beauftragten für das Thema sexualisierte Gewalt ernannt worden. Weitere Schwerpunkte ihrer Arbeit sind Konzeptentwicklung und Projektmanagement. Nach einer zweijährigen Ausbildung in systemischer kirchlicher Organisationsentwicklung berät sie Kirchenorgane und Gemeinden bei Veränderungsprozessen. "Die systemische Haltung und die Methoden sind überaus hilfreich, um Veränderungen zu gestalten, tragfähige Ergebnisse zu entwickeln und Konflikte zu lösen", so Wilhelm. Diese Fähigkeiten seien auch als Oberkirchenrätin außerordentlich nützlich.
Wichtig sind der aus Dortmund stammenden Juristin die wertschätzende Führung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die Führungskräfteentwicklung in der Landeskirche. In ihrer neuen Funktion möchte sie die Verwaltungsprozesse stärker digitalisieren, um dem kirchlichen Auftrag bei weniger Personal und weniger Finanzmitteln gerecht zu werden. "Videokonferenzen können – hin und wieder eingesetzt – zu mehr Flexibilität und Stringenz führen, vielleicht sogar zu mehr Kommunikation", sagte Wilhelm. Weitere Vorteile: Man spare Zeit und Reisekosten – und nicht zuletzt CO2. Außerdem könne der Ausbau der Home-Office-Möglichkeiten die Work-Life-Balance für die einzelne Person verbessern und manches Vereinbarkeitsproblem abmildern, betonte Wilhelm.
Bei der zukünftigen Entwicklung der Landeskirche setzt die neue juristische Oberkirchenrätin darauf, bisherige Sichtweisen in Frage zu stellen, von anderen Organisationen zu lernen sowie mit anderen Partnern zu kooperieren.
"Auch wenn es schmerzlich ist – wir können ein ‚weiter wie bisher‘ nicht zulassen", sagte Wilhelm in aller Deutlichkeit. Dazu sei es notwendig, Strukturen anzupassen und Veränderungen aktiv zu gestalten und zu begleiten, ohne die Menschennähe aufzugeben. "Lokal denken, regional handeln", heißt das Stichwort für die Juristin. Den zeitlichen und rechtlichen Rahmen für die Veränderungen steckten die Synode, die Kirchenregierung und der Landeskirchenrat. "Wir brauchen den Mut, Entscheidungen zu treffen, um nervenaufreibende Hängepartien zu beenden und weiterzukommen", so Wilhelm.
Hintergrund: Oberkirchenrätinnen und Oberkirchenräte werden in der Pfälzischen Landeskirche auf die Dauer von sieben Jahren gewählt, Wiederwahl ist möglich. Sie leiten die einzelnen Dezernate des Landeskirchenrates, der obersten Behörde der Landeskirche. Den Vorsitz im Kollegium führt die Kirchenpräsidentin beziehungsweise der Kirchenpräsident.