Die Fähigkeit des Menschen zum Vertrauen steht im Mittelpunkt des Hirtenworts von Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann zum ersten Advent. Diese Fähigkeit werde durch die Corona-Krise massiv auf die Probe gestellt. Für viele Menschen sei ihr Vertrauen ins Leben und in die Zukunft ins Wanken geraten.

„Die weitreichenden Folgen der Pandemie sind immer deutlicher spürbar und wir ahnen immer mehr, dass die Welt nach Corona eine andere sein wird – ohne zu wissen, wie sie danach aussehen wird“, so Wiesemann. In aktuellen Protestbewegungen artikuliere sich ein Misstrauen, das bis zur Wirklichkeitsverweigerung reiche. „Dabei könnte ein einziger Tag auf einer Intensivstation in dieser Corona-Zeit eigentlich jedem und jeder die Augen öffnen.“
Auf Misstrauen sei keine Gesellschaft aufzubauen, warnt der Bischof. Er würdigt das Engagement der vielen Menschen, für die Corona ein Anstoß zu einer vertieften Rücksichtnahme und Solidarität sei. In der Krise werde deutlich, wie entscheidend das soziale Verhalten eines jeden für die gemeinsame Bewältigung der Herausforderungen ist. „Ich muss dem anderen vertrauen können, dass er seine Verantwortung ernst nimmt und dass er die Bereitschaft in sich trägt, die Lasten solidarisch mitzutragen.“ Das gelte auch im Großen: „Ohne eine weltumspannende Solidarität vor allem mit den ärmeren Ländern kann eine gute Zukunft in Gerechtigkeit und Frieden nicht verwirklicht werden.“
Geschwisterliche Welt ist der Schlüssel für die globale Zukunft
Mit Bezug auf die Enzyklika „Fratelli tutti“ von Papst Franziskus wirbt Bischof Wiesemann für die Vision einer geschwisterlichen Welt. Klar widerspricht er einer Deutung der Corona-Krise als Strafe Gottes. „Gott will nicht strafen, sondern uns wach machen und für eine bessere Zukunft öffnen.“ Krisen seien im Leben immer Anlässe zu Neubesinnung und Umkehr. Bischof Wiesemann sieht in Corona nicht den Grund vieler Krisenphänomene. Doch das Virus beschleunige die Notwendigkeit, sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Das gelte auch für die Kirche. „Uns allen ist bewusst, was für Herausforderungen auf uns zu kommen. Nur wenn wir uns ihnen stellen, kann das Vertrauen in die Zukunft wachsen. Nur so kann Gott uns Visionen schenken, wie und wo wir zum Segensort in dieser Welt werden können“, unterstreicht der Bischof.
Weihnachten ist aus seiner Sicht eine Einladung zum „Vertrauen, dem Mut zur ungeschminkten Wahrheit und zur solidarisch gelebten Liebe“. Er ruft die Gläubigen dazu auf, dass „wir unser Vertrauen nicht zuerst und schon gar nicht allein in uns selbst, in unsere etablierten Strukturen, überkommenen Traditionen und gewohnten Rituale setzen, sondern in den Kern unserer Botschaft. Und dass wir uns von dorther erneuern lassen – von Grund auf, damit die Menschen wieder auf unseren wunderbaren, menschenliebenden Gott ihr Vertrauen setzen können.“ In Erinnerung an ein Wort des Jesuiten, christlichen Widerstandskämpfers und Märtyrers Alfred Delp ermutigt Bischof Wiesemann dazu, „dem Leben zu trauen, weil Gott es mit uns lebt“. (Foto: Bistum)
Link zum Video mit dem Hirtenwort des Bischofs: https://www.youtube.com/watch?v=ODlMzznESmg&feature=youtu.be