Wenn bei Frau H. das Telefon klingelt und sich Pfarrerin Dorothee Schwepper-Theobald meldet, ist die Seniorin ganz Ohr: "Wie geht es Ihnen heute?", erkundigt sich Schwepper-Theobald bei ihr und fährt fort: "Ich habe wieder eine Andacht vorbereitet für diese Woche. Möchten Sie die jetzt hören?" Frau H., Bewohnerin der Alten- und Pflegeeinrichtung "Haus am Leininger Unterhof" in Grünstadt, bittet um einen kleinen Moment Geduld.
Manchmal, um den Fernseher auszuschalten, sich bequemer hinzusetzen oder auch, um die Lautsprechertaste zu drücken. Dann kann es losgehen mit der "Andacht, die anruft", die mit einem Eingangsgebet beginnt und nach dem gemeinsamen Vaterunser mit einem Segen endet.
Als Corona-bedingt die Türen der Alten- und Pflegeheime geschlossen wurden, gemeinsame Gottesdienste, selbst Balkonandachten nicht mehr stattfinden und die Senioren schließlich auch ihre Zimmer nicht mehr verlassen konnten, blieb "nur noch das Telefon, um Kontakt zu den Bewohnerinnen und Bewohnern zu halten", schildert Krankenhaus- und Altenheimseelsorgerin Schwepper-Theobald. "So entstand die Idee zur Telefon-Andacht." Aus der Idee ist inzwischen eine feste Einrichtung geworden. Die Bewohnerinnen des von den Diakonissen Speyer betriebenen Alten- und Pflegeheims, die auf der Anrufliste der Pfarrerin stehen, wollten die etwa zwölfminütige Telefonandacht auch dann nicht mehr missen, als das Haus wieder öffnen durfte. Viele Bewohner hätten zurückgemeldet, dass sie tief berührt seien, sagt Schwepper-Theobald. "Manche sprachen von Tränen in den Augen. Es sei ein besonderes Gefühl, dass ‚extra für sie‘ ein Anruf getätigt werde." Eine Bewohnerin habe sich mit den Worten bedankt: "Mir tut das so gut, dass Sie mich anrufen. Da habe ich die ganze Woche etwas davon."
Das positive Echo und Beispiele anderer (Landes-)Kirchen brachte die Pfarrerin auf den Gedanken, das Projekt unter dem Motto "Die Andacht, die anruft" im LabORAtorium der Evangelischen Kirche der Pfalz weiter zu erproben. Mit den "Erprobungsräumen" möchte die Landeskirche kreative Ideen fördern und neue Formen gemeindlichen Lebens eröffnen. "Dabei geht es um die Ermutigung zu Initiativen missionarischen Gemeindeaufbaus und die Förderung von Zusammenarbeit über bisherige Grenzen hinaus", erklärt Oberkirchenrätin Marianne Wagner, die für Gemeindeentwicklung und Strukturplanung zuständig ist. "Erprobungsräume setzen auf frische Ideen, Kirche zu leben und zu erleben."
Bei Kolleginnen und Kollegen, Haupt- und Ehrenamtlichen wirbt Pfarrerin Schwepper-Theobald für die Telefonandacht als ein Format, das sich auch über die Pandemie hinaus gut einsetzen lasse und den Gemeindepfarrern die Möglichkeit biete, beispielsweise mit hochaltrigen Gemeindemitgliedern besser und regelmäßiger als sonst möglich in Verbindung zu bleiben. "Wie halten wir auch in der Kirchengemeinde den Kontakt zu den Alten und Einsamen und zu denen, die sich sozial isoliert und abgeschrieben fühlen?" "Zu ihnen ‚kommt‘ der Seelsorger, indem er anruft. Sie werden persönlich am Telefon zu dieser Andacht eingeladen. Das Angebot lasse sich auch gut im Team mit dem Besuchsdienstkreis oder weiteren Freiwilligen umsetzen, die die vorgefertigten Andachten am Telefon halten.
Hinweis: Pfarrerin Dorothee Schwepper-Theobald bittet Interessierte, die sich vorstellen können, im LabORatorium zur Telefonandacht ehrenamtlich mitzuarbeiten, sich bei ihr zu melden. Die Theologin stellt der Arbeitsgruppe ihre Telefonandachten zur Verfügung, hilft aber auch bei der Ausarbeitung eigener Texte.
Kontakt: Telefon: 06359/9170138, E-Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!