Schweigen aushalten und Tränen ertragen. Dorthin schauen, wo niemand gerne hinschaut. Wer sich für den Dienst des Notfallseelsorgers entscheidet, muss aushalten können. Vor allem aber müssen die Frauen und Männer sehen, hören und hinspüren, wenn es anderen den Boden unter den Füßen wegzieht. 15 Menschen werden sich dem in Zukunft stellen. Am Freitagabend wurden sie in den Dienst entsandt.
Zu einem ökumenischen Gottesdienst in der Seminarkirche St. German in Speyer waren die Personen und einige Familienangehörige zusammengekommen, um den Abschluss ihrer Ausbildung zu feiern und offiziell als NotfallseelsorgerInnen und KriseninterventionshelferInnen entsendet zu werden. Aus üblicherweise eineinhalb Jahren waren pandemiebedingt zwei Jahre geworden, in denen die Teilnehmenden des Lehrgangs sich in acht Modulen an Wochenenden auf den Dienst am Nächsten in herausfordernden seelischen Not-Situationen vorbereiten ließen.
Zu den 13 NotfallseelsorgerInnen aus der Evangelischen Kirche der Pfalz und dem Bistum Speyer kamen eine Kriseninterventionshelferin, die von Feuerwehr und Katastrophenschutz der Stadt Ludwigshafen beauftragt wurde und im dortigen Notfallseelsorge-Team mitarbeitet, sowie eine Kriseninterventionshelferin aus dem Team des DRK Neustadt. "Wir bilden für die Notfallseelsorge-Teams in der ganzen Pfalz aus", erklärt Matthias Orth von der katholischen Notfallseelsorge. "Das Wichtigste ist die Entwicklung einer Haltung", macht Orth deutlich. Das bedeutet: In der Ausbildung geht es um die Vermittlung von Fachkenntnissen über Einsatzsituationen und das Einüben von Gesprächsführung. "Die NotfallseelsorgerInnen müssen schauen, was den Betroffenen helfen kann. Das heißt auch, dass sie authentisch bei sich selbst bleiben müssen", zeigt Orth auf.
Verschiedene Einsatzinhalte wie plötzlicher Kindstod, Suizid oder das Überbringen von Todesnachrichten werden während der Ausbildung aufgezeigt. "Die Empathie ist die Grundlage für alles", betont Orth. Begeistert ist er daher davon, dass nicht nur die entsandten NotfallseelsorgerInnen, sondern auch die neuen BewerberInnen reflektierte, engagierte und interessante Menschen mit einem tollen Energielevel sind. Darauf verwies Orth gemeinsam mit Norman Roth auch im Gottesdienst. Impulse gaben die beiden durch die biblische Geschichte von Hagar. Die Ägypterin arbeitete als Haushälterin für Abraham und dessen Frau Sara. Diese konnte keine Kinder bekommen, schlug ihrem Mann vor, die Magd zu schwängern. Fortan ächtete sie Hagar, die von Abraham aus dem Haus getrieben wurde und durch die Wüste wanderte, wo sie auf eine Quelle stieß, die sie und ihr Kind vor dem Verdursten rettete.
"Ich denke, dass es prima passt, die Gewissheit Hagars mit in die Einsätze zu geben", meinte Roth. Gerate jemand in seelische Not, sei ein Team da, das sich mit den Betroffenen beschäftigt, mit ihnen Wege sucht, sie begleitet. Für Oberkirchenrat Dr. Claus Müller war es schön, die Ausbildung der neuen NotfallseelsorgerInnen mit einem ökumenischen Gottesdienst zum Abschluss zu bringen. Domkapitular Franz Vogelgesang freute sich über die Anwesenheit des Beirats der Notfallseelsorge der Landeskirche sowie über verschieden VertreterInnen der Psychosozialen Notfallversorgung. Gemeinsam mit Anne Henning, Marianne Steffen, Jochen Hummel (Feuerwehr und KatS Ludwigshafen) und Tassilo Willrich (DRK Neustadt) überreichten sie den NotfallseelsorgerInnen und KriseninterventionshelferInnen ihre Urkunden.
"Es braucht viel Liebe zum Menschen und Erfahrung um zu verstehen, dass es Sinn macht sich einzusetzen und sich bedrängenden Situationen zu stellen", machte Orth deutlich. Das Interesse daran ist groß. "Für den nächsten Lehrgang haben sich sogar so viele gemeldet, dass wir gar nicht alle nehmen können", stellt der Beauftragte für Notfallseelsorge fest. Der Entsendungsgottesdienst wurde von Dirk Schneider an der Orgel musikalisch begleitet.
Text: Susanne Kühner, Foto: Klaus Landry