Die Zeit des gerüstfreien Doms ist für die kommenden sechs Jahre vorbei. Ab dem 2. September werden die Gerüste für die bevorstehende Sanierung des Südostturms gestellt. Die Besucher des Doms und insbesondere die Hobbyfotografen wird dies womöglich grämen, Dombaumeisterin Hedwig Drabik freut sich jedoch, dass die Maßnahme startet.
„Höchste Zeit, dass es losgeht“, urteilt sie. „Immer wieder finden sich in der Turmkehle lose Stein- und Mörtelstücke, die heruntergefallen sind. Somit ist die Dringlichkeit der Maßnahme gegeben.“
Seit 2021 laufen die notwendigen Voruntersuchungen und Planungen für das kommende Großprojekt. Geplant ist für 2025 zunächst die Fassadeninstandsetzung des oberen Teilbereiches des Südostturmes, der von den beiden Osttürmen die größeren Schäden aufweist. Im Folgejahr erfolgt ein zweiter Bauabschnitt, der die Bearbeitung der unteren Hälfte des Südostturmes beinhaltet. Dann kommt der Nordostturm an die Reihe. Vorgesehen ist aktuell die Instandsetzung der Natursteinoberflächen sowie die Überarbeitung der Turmgiebel und der Wasserführung. Klempnerarbeiten, Naturwerksteinarbeiten, Restaurierungsarbeiten sowie Putz- und Anstricharbeiten bilden die größten Gewerke ab. Im Anschluss an den oberen Bereich des Turmes folgt im nächsten Bauabschnitt der untere Teil des Turmschaftes. In den Folgejahren kommen dann die Innenflächen und der Nordostturm an die Reihe. Wenn alles gut geht wird die Sanierung der beiden Osttürme bis 2030 abgeschlossen sein, so dass der Dom zur 1000-Jahr-Feier seiner Gründung wieder gerüstfrei dasteht.
Brücke zwischen den Osttürmen
Als erster Schritt wird ab dem 2. September die Baustelle eingerichtet und mit der Gerüststellung begonnen. Wie alle Gerüststellungen am Dom ist diese aufwendig, da mit besonderer Rücksicht auf die historische Bausubstanz und die besonderen Bedingungen wie die extreme Höhe geplant werden muss. Da es sich um kein Regelgerüst handelt, werden die Gerüstarbeiten voraussichtlich erst Ende des Jahres abgeschlossen sein.
Die Sanierungsmaßnahme startet mit den oberen Turmgeschossen des Südostturms. Da sich an dessen Fuß der gotische Sakristeianbau befindet und auf der Südseite des Doms die am meisten Besuchern vorbei gehen, hätte das Gerüst in diesem Bereich höhere Anforderungen in Bezug auf die Fluchtwege und Feuerwehrzufahrten erfüllen müssen. Der Hauptzugang zur Sakristei wäre stark eingeschränkt gewesen und auch die Zugänge zur Baustelle mit der Baustelleneinrichtung wären schwierig gewesen. Dieses Problem wird dadurch gelöst, dass die Baustelleneinrichtung und Anlieferung über die Ostseite des Doms und des Nordostturms erfolgen, der deshalb in Teilen miteingerüstet wird. Eine Brücke wird die beiden Osttürme während der Maßnahmen miteinander verbinden. Dadurch ergeben sich für die kommenden Sanierungen am Nordostturm Synergieeffekte, da hier die Fassadenbereiche genauer in Augenschein genommen werden können, die bei einer Schadenskartierung 2021 mit dem Hubsteiger nicht erreicht werden konnten. Dies ermöglicht eine konkretere und genauere Planung.
Voruntersuchungen und Planungen
Die Sanierung der Osttürme ist das große Restaurierungsprojekt der kommenden Jahre. Eine Schadenskartierung der Türme wurde bereits im Oktober 2021 durch Dombaumeisterin Hedwig Drabik durchgeführt und konnte erste Erkenntnisse zur Schadensintensität liefern. In der Folgezeit wurden die Fassadenflächen durch ein Ingenieurbüro vermessen, deren Pläne die Grundlage für die kommenden Maßnahmen bilden. Ultraschalluntersuchungen an den Säulen wurden vorgenommen, um deren Standsicherheit und Gefüge zu prüfen. Des Weiteren erfolgte eine Schwingungsmessung, die wichtig für die Beurteilung der statischen Konstruktion war, sowie Untersuchungen und Baustoffprüfungen an den im Jahre 1931 eingebrachten Zwischendecken (Remy-Decken) aus Hohlsteinen, Estrich und Beton und am Außenputz. Die Decken weisen große Schäden auf und werden durch einen Statiker gesondert betrachtet.
Romanische Bausubstanz
Die Türme gehören zur romanischen Bausubstanz und wurden unter Heinrich IV. am Ende des 11. Jahrhunderts vollendet. Sie gehören zu den ersten Beispielen sogenannter Chorflankentürme. Zuletzt wurden sie 1986 in Teilen saniert. Entscheidend für ein zügiges Vorankommen und eine umfassende und damit nachhaltige Instandsetzung wird die Finanzierung sein, so dass das Domkapitel auf Unterstützung von Dritten angewiesen ist. Hier hat die Europäische Stiftung Kaiserdom zu Speyer bereits 20.000 Euro in Aussicht gestellt. Spenden in Höhe von 8.000 Euro hat die Stiftung zusätzlich mit der Aktion „Die Pfalz wandert für den Dom“ erwirtschaftet. Weitere Mittel sollen durch das Fotoprojekt mit dem international renommierten Fotografen Horst Hamann eingenommen werden. Ein weiterer Teil wird aus den jährlichen Zuwendungen des Dombauvereins finanziert. Das Land Rheinland-Pfalz beteiligt sich mit Übernahme von 40 Prozent an der substanzerhaltenden Maßnahme. Das Domkapitel bemüht sich um weitere Finanzmittel, um die umfangreiche Maßnahme stemmen und noch vor dem großen Gründungsjubiläum 2030 abschließen zu können. (Foto: Klaus Landry)