Zahlreiche Gläubige besuchten die Weihnachtsgottesdienste im Bistum Speyer. „Gott bleibt nicht in unendlicher Ferne zu uns Menschen, er kommt uns entgegen. Er kommt auf Augenhöhe zu uns Menschen“, sagte Weihbischof Otto Georgens in seiner Predigt bei der Christmette im Speyerer Dom. Die Sehnsucht Gottes sei der der Mensch, zitierte er ein Wort des Heiligen Augustinus. In seiner Menschwerdung gehe Gott auf Augenhöhe mit den Armen und Geringsten.

191225 dom02Jeder Mensch sei als Geschöpf von Gott mit Würde ausgestattet. „Das gilt auch für die Menschen, die leicht übersehen werden und in den Augen der Welt kein Ansehen haben.“
Die Geburt im Stall, an der Seite der Armen, sei für Jesus wegweisend gewesen. „Dieser Herkunft ist Jesus sein Leben lang treu geblieben.“ Jesus habe die Armen geliebt, Trauernde getröstet, Hungrige gespeist, Ausgegrenzte geachtet, Kinder gesegnet, Kranke geheilt und für seine Verfolger gebetet, so Weihbischof Georgens. Der Weg Jesu in die Armut sei „eine Verneigung vor denen, die in Armut, geringgeschätzt und oft ohne eigenes Bewusstsein von Würde leben“. Im Blick darauf bedeute die Botschaft von Weihnachten: „Gott wird Mensch, damit wir wahrhaft Menschen werden, damit wir einander menschlich begegnen, damit wir Gottes fähig werden. Es ist die Hoffnung, dass es eine letzte Versöhnung und Gerechtigkeit gibt, ein endgültiges Gelingen und Gutwerden des Lebens.“
191225 don01Das Vokalensemble der Dommusik und ein Instrumentalensemble gestalteten den feierlichen Gottesdienst mit Musik unter anderen von Johann Stadlmayer, Christopher Tambling und John Rutter. Die Orgel spielte Domorganist Markus Eichenlaub, ebenso bei den weiteren Hauptgottesdiensten im Dom.
Bischof Wiesemann: „Sich auf den Weg machen, um dieser Zeit Hoffnung zu geben“
Als Weg charakterisierte Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann den christlichen Glauben in seiner Predigt beim Pontifikalamt am ersten Weihnachtsfeiertag. Jesus sei sein ganzes Leben lang auf dem Weg gewesen, meistens zu Fuß. Er habe eine Weggemeinschaft gegründet mit allen, denen er zuruft: „Kommt her, mir nach!“ In keiner Religion werde der Weg so mit ihrem Stifter identifiziert wie im Christentum. „Jesus sagt von sich selber: Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.“ Jünger Christi sein, heiße, ihm nachzugehen. Die älteste Bezeichnung für die Christen in der Heiligen Schrift laute „Anhänger des Weges“. „Christen sind Anhänger eines neuen Weges zu leben, den Jesus nicht nur gelehrt hat, sondern der er selber ist.“
Gerade heute würden Menschen gebraucht, „die sich auf den Weg machen, weil sie Gottes Verheißung trauen.“ Bischof Wiesemann ermutigte die Gläubigen, immer wieder aufzustehen, „um dieser Zeit Hoffnung zu geben“, und dabei mit kleinen, aber beharrlichen Schritten einfach anzufangen. "Unser Leben auf dieser Erde ist eine einzige große Weggemeinschaft", warb Wiesemann dafür, „denen, die die Gesellschaft spalten und Unfrieden säen, schon im Ansatz zu widerstehen.“ An Weihnachten mache sich Gott selbst auf den Weg, „damit wir seinen Weg gehen lernen.“
Auch die katholische Kirche in Deutschland habe sich auf einen gemeinsamen Weg gemacht. Da gebe es Hoffnungen und Erwartungen, aber auch viele Bedenken und Befürchtungen. „Von solchen, die Angst haben, dass nicht alles bleibt, wie es ist. Und von solchen, die jetzt schon enttäuscht sind, weil nicht alles anders wird.“ Es sei Zeit für „uns als Kirche, uns wie Gott auf den Weg zu machen: vom hohen Ross runter, ganz klein anfangen.“ Kirche könne nicht Haus Gottes sein, „wenn wir nicht da sind, wo Gott wahrhaft zuhause ist.“ Auf diesem Weg könne „die Kirche wieder Mutter werden, voll Freude über das zarte Wunder des Lebens“, so Bischof Wiesemann.
Musikalisch gestaltet wurde der Gottesdienst vom Mädchenchor, den Domsingknaben, dem Domchor, den Dombläsern mit der Missa octo vocum von Hans Leo Hassler, Motetten und Liedsätzen. spi/Foto: Bistum)