Was tun, wenn das Konzept für ein ganzes Semester angesichts von COVID-19 wie eine Seifenblase zerplatzt? Professor Dr. Marcus Höreth, der an der TU Kaiserslautern den Lehrstuhl für Vergleichende Regierungslehre und Innenpolitik innehat, ist spontan kreativ geworden. Das angesetzte Seminar zur „Politischen Partizipation“ wurde kurzerhand neu ausgerichtet.
Die Studierenden bekamen die Chance, sich mit einem brandaktuellen Thema auseinanderzusetzen: Deutschland im Ausnahmezustand – über den Umgang der Politik mit COVID-19.Ihre Recherchen dokumentiert und Erkenntnisse publiziert haben die Studierenden im Podcast-Format.
„Im Verlauf des virtuellen Seminars haben wir die Vorzüge, die der Einsatz von digitalen Medien bietet, erst zu schätzen gelernt“, so das Fazit von Prof. Höreth. „Wie viele andere Kolleginnen und Kollegen sind auch wir Corona-bedingt gewissermaßen ‚zum Jagen getragen‘ worden.“
Zum virtuellen Format kam ein in der Fachliteratur noch weitgehend unbesetztes Thema, das den Zeitgeist nicht besser hätte treffen können. „Die praktische Relevanz der politikwissenschaftlichen Theorien und Konzepte war am Beispiel von COVID-19-Pandemie, die an niemandem spurlos vorübergeht, viel besser nachvollziehbar“, erläutert Prof. Höreth. „Das hat zu besonderen Aha-Effekten geführt“.
Die Studierenden haben sich im Rahmen ihrer Forschungsarbeiten unter anderem mit den Grundrechtseinschränkungen während der Corona-Krise, der Rolle des Föderalismus in Zeiten von Corona oder der durch die Pandemie beschleunigten Digitalisierung, wie etwa einem möglichen Recht auf Homeoffice, kritisch auseinandergesetzt. „Es ging nicht darum, sicheres Fachwissen zu reproduzieren, sondern vielmehr explorativ zu arbeiten und mithilfe von wissenschaftlichen Analyseinstrumenten sozusagen Halt auf schwankendem Boden zu finden“, betont Prof. Höreth. Durch eigene Recherchen und Interviews mit Experten haben die Studierenden ihre Forschungsaufträge umgesetzt und die gewonnenen Erkenntnisse über kurze Podcast-Folgen mit den anderen geteilt. Regelmäßige Online-Meetings boten Raum, um sich in der Gruppe zu besprechen.
Das neue Seminarformat kam bei den Studierenden gut an. Vor allem die gestalterischen Freiräume und das flexible, eigenverantwortliche Arbeiten haben sie als Pluspunkte empfunden – und natürlich die Möglichkeit, dabei neue Medien zu nutzen. Das Besondere am Podcast-Format: Da die Folgen nur wenige Minuten lang sein durften, galt es, eine Fülle von Informationen verbal „einzudampfen“ und sich dabei so auszudrücken, dass jede Person, die zuhört, direkt ins Thema einsteigen kann. „Ich hatte den Eindruck, dass die Studierenden durchweg sehr motiviert waren und ihre Forschungsprojekte gewissenhaft bearbeitet haben. Die Qualität der Podcasts ist in meinen Augen zu großen Teilen hervorragend und steht öffentlichen Podcasts auf Kanälen wie Spotify in nichts nach“, ergänzt Katja Demler, die das Seminar als wissenschaftliche Hilfskraft begleitet hat.
Doch es gibt auch eine Schattenseite: Keine Technologie kann den direkten Austausch untereinander komplett ersetzen. „Das Spontane und Emotionale, welches ansonsten aus der unmittelbaren persönlichen Interaktion entsteht und zu fruchtbaren Diskussionen führt, ließ sich im digitalen Format nicht abbilden“, sagt Prof. Höreth. „Dabei ist gerade die kontroverse Diskussion, in der Sachverhalte immer wieder neu hinterfragt und bewertet werden, so wichtig für die politische Bildung.“ Katja Demler bringt es so auf den Punkt: „Es ist gut, dass uns die Pandemie gezwungen hat, über den Tellerrand hinauszuschauen. Das Ganze soll aber nicht bedeuten, dass wir künftig nur noch Online-Seminare durchführen werden.“ Einen ausgewogenen Mix aus Präsenz- und Onlinephasen könne sie sich aber für künftige Veranstaltungen durchaus vorstellen. (spi/Foto: TUK Thomas Koziel)