Noch nie haben Beschäftigte aus Rheinland-Pfalz wegen Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und psychischer Beschwerden öfter im Job gefehlt als im Pandemiejahr 2020. Das zeigen repräsentative Auswertungen der BARMER, für die die Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeitsmeldungen von 196.000 bei ihr versicherten Erwerbspersonen mit Wohnsitz in Rheinland-Pfalz anonymisiert ausgewertet hat.

„Der Corona-Alltag hat viele Beschäftigte körperlich und seelisch an ihre Grenzen gebracht. Arbeitgeber sollten auch in Zeiten von Corona auf betriebliches Gesundheitsmanagement setzen und damit besonders Krankheiten bei ihren Mitarbeitern vorbeugen, die durch die Pandemielage begünstigt werden“, sagt Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der BARMER in Rheinland-Pfalz und im Saarland.
Die Hauptursache für Krankmeldungen von Beschäftigten aus Rheinland-Pfalz waren im letzten Jahr Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems. Sie sorgten im Land für 4,2 Arbeitsunfähigkeitstage je Erwerbsperson (2019: 4,1 Tage). Die häufigste Diagnose lautete dabei „Rückenschmerzen“ (1,0 Tage). Von den bundesweit 403 Landkreisen und kreisfreien Städten verzeichnete der Landkreis Birkenfeld bei den Muskel-Skelett-Erkrankungen den dritthöchsten Wert (6,0 Tage). Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage infolge von Problemen mit dem Muskel-Skelett-System ist in Rheinland-Pfalz in den letzten Jahren regelmäßig gestiegen und lag im Vorjahr 27,3 Prozent über dem Wert des Jahres 2010 (3,3 Tage).

Pandemie begünstigt Rückenschmerzen und psychische Leiden
Über alle Krankheiten hinweg zählten die BARMER-Statistiker im letzten Jahr 18,3 Arbeitsunfähigkeitstage je Beschäftigten in Rheinland-Pfalz und damit weniger als im Jahr 2019 (18,5 Tage). Für Kleis sind höhere Ausfallzeiten durch Muskel-Skelett-Erkrankungen bei geringerem Krankenstand kein Widerspruch: „In der Corona-Pandemie war das Training im Verein oder Fitnessstudio kaum möglich. Bewegungsmangel fördert Rückenschmerzen und könnte zum Höchststand bei den Fehlzeiten wegen Problemen am Muskel-Skelett-System beigetragen haben.“ In Zeiten von Kontaktsperren seien Fahrrad fahren, Lauftraining, Spaziergänge und aktive Pausen mit Übungen für die Rückenfitness gute Möglichkeiten, um sitzende Tätigkeiten auszugleichen.
Wegen psychischer Leiden wie Depressionen fehlte im letzten Jahr jeder Beschäftigte aus Rheinland-Pfalz rechnerisch 3,7 Tage bei der Arbeit (2019: 3,6 Tage). Das entspricht einer Zunahme von 54,2 Prozent im Vergleich mit dem Jahr 2010 (2,4 Tage). Unter den zehn Landkreisen und kreisfreien Städten mit den bundesweit höchsten Fehlzeiten infolge seelischer Erkrankungen befinden sich gleich zwei Landkreise aus Rheinland-Pfalz. Der Landkreis Südwestpfalz nimmt dabei den traurigen Spitzenplatz ein mit 6,0 Arbeitsunfähigkeitstagen. Der Landkreis Kusel (5,3 Tage) landet auf Platz fünf. „Corona hat viele Beschäftigte durch Kurzarbeit und Homeoffice isoliert und psychisch belastet. Die Zahl der Fehltage im Job wegen seelischer Leiden wächst aber auch ohne Corona seit Jahren“, erklärt Kleis.

Weniger Verletzungen, Atemwegserkrankungen stagnieren
Atemwegserkrankungen wie Erkältungsschnupfen und Bronchitis führten im Jahr 2020 wie schon im Jahr zuvor durchschnittlich zu 2,4 Tagen von Arbeitsunfähigkeit bei jedem Beschäftigten aus Rheinland-Pfalz. Von allen Arbeitsunfähigkeitstagen infolge von Atemwegserkrankungen entfielen dabei 3,0 Prozent auf Covid-19. „Gerade zu Beginn der Pandemie sind viele Beschäftigte mit Atemwegserkrankungen schon bei leichten Erkältungssymptomen vorsorglich krankgeschrieben worden. Ferner hat die Krankschreibung per Telefon bei leichten Erkrankungen der oberen Atemwege, die ab März möglich war, zu einem vorübergehenden Anstieg der Krankschreibungen beigetragen“, erläutert Kleis. Dies könne erklären, warum die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage im Land wegen Atemwegserkrankungen im Coronajahr 2020 trotz Abstands- und Hygiene-Regeln nicht gesunken sei.
Rückläufig war im Vorjahr die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage durch Verletzungen wie Bänderrisse oder Verstauchungen unter den Beschäftigten aus Rheinland-Pfalz. Sie sank von rechnerisch 2,3 Krankheitstagen je Beschäftigten im Jahr 2019 auf 2,1 Tage. „Besonders in Branchen mit körperlicher Belastung dürften Kurzarbeit und Lockdown zu weniger Verletzungen geführt haben“, sagt Kleis. Mehr als zwei Drittel der Tage von Arbeitsunfähigkeit in Rheinland-Pfalz gingen im Jahr 2020 auf das Konto von Muskel-Skelett-Erkrankungen (23,0 Prozent), psychischer Leiden (20,2 Prozent), Atemwegserkrankungen (13,1 Prozent) und Verletzungen (11,5 Prozent). Sie waren dort die vier häufigsten Gründe für berufliche Fehlzeiten.