"Die wichtigsten Helfer im Kampf gegen das Corona-Virus sind die Menschen. Denn das Virus lebt von persönlichen Begegnungen. Deswegen müssen wir diese reduzieren, wenn wir nicht riskieren wollen, dass die Krankheit unkontrolliert wütet. Wir können nicht übersehen: Auch die Zahl der schweren Verläufe steigt wieder und auch die Zahl der Todesfälle.
Deswegen sind sich Länder und Bundesregierung einig: Wir müssen jetzt handeln! Heute gilt wieder wie im Frühjahr: ‚flatten the curve‘", sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer nach den Beratungen des Bundes mit den Ländern.
"Wir wollen nicht zulassen, dass eine Infektionswelle dazu führt, dass Erkrankte nicht behandelt werden können - weil auch unter Ärzten und Pflegepersonal das Virus zur Ausfällen führt - und Krankenhäuser überlastet sind. Deswegen müssen wir jetzt den "Überlastungsschalter" drücken und die Infektions-Welle brechen. Wir haben daher beschlossen, persönliche Kontakte im Bereich Freizeit drastisch zu begrenzen, damit Kitas, Schulen und das Wirtschaftsleben nicht runtergefahren werden müssen", so Ministerpräsidentin Malu Dreyer weiter. Sie sei überzeugt, dass es das mildere Mittel sei, sich in der Freizeit einzuschränken, statt Wirtschaftsleben und damit Einkommen zu reduzieren und statt Schulen und Kitas zu schließen. Die wichtigste Maßnahme in der kommenden Zeit werde es sein, Abstand zu halten und Treffen von Menschen außerhalb der Angehörigen des eigenen Hausstands auf ein absolut nötiges Minimum zu reduzieren. Die zusätzlichen Schutzmaßnahmen treten ab dem 2. November deutschlandweit in Kraft. Sie werden bis Ende November befristet. Nach Ablauf von zwei Wochen werden die Bundeskanzlerin und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sich erneut beraten, ob die Maßnahmen greifen.
Hilfen für betroffene Branchen
"Wenn wir jetzt nicht entschlossen handeln, werden die Folgen für die Wirtschaft gravierend sein. Wir wissen aber auch, dass Freizeit und Unterhaltung wichtige Wirtschaftsbereiche darstellen, die jetzt betroffen sind, und wir lassen diese nicht allein. Unternehmen, die von temporären Schließungen betroffen sind, wird der Bund eine Nothilfe gewähren, um sie für die finanziellen Ausfälle zu entschädigen. Ich habe mich besonders für die Soloselbständigen eingesetzt. Diese werden in dem Bundesprogramm erfasst. Jenseits der umfassenden temporären Beschränkungen führen bereits die bisherigen Maßnahmen dazu, dass einige Wirtschaftsbereiche auch in den kommenden Monaten erhebliche Einschränkungen ihres Geschäftsbetriebes hinnehmen müssen. Deshalb wird der Bund Hilfsmaßnahmen für Unternehmen verlängern und die Konditionen für die hauptbetroffenen Wirtschaftsbereiche verbessern. Dies betrifft zum Beispiel den Bereich der Kultur- und Veranstaltungswirtschaft. Außerdem wird der KfW-Schnellkredit für Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten geöffnet und angepasst", so die Ministerpräsidentin.
Die Arbeitgeber haben eine besondere Verantwortung für ihre Mitarbeiter, um sie vor Infektionen zu schützen. Deshalb muss jedes Unternehmen in Deutschland auch auf Grundlage einer angepassten Gefährdungsbeurteilung sowie betrieblichen Pandemieplanung ein Hygienekonzept umsetzen und angesichts der gestiegenen Infektionszahlen auch nochmals anpassen. Ziel ist u.a., nicht erforderliche Kontakte in der Belegschaft und mit Kunden zu vermeiden, allgemeine Hygienemaßnahmen umzusetzen und die Infektionsrisiken bei erforderlichen Kontakten durch besondere Hygiene-und Schutzmaßnahmen zu minimieren. Bund und Länder fordern die Unternehmen eindringlich auf, jetzt wieder angesichts der hohen Infektionszahlen, wo immer dies umsetzbar ist, Heimarbeit zu ermöglichen.
Deutschlandweite Maßnahmen sind notwendig
"Die Maßnahmen, die wir noch vor zwei Wochen mit dem Bund vereinbart haben, reichen nicht aus, um das Virus zu stoppen. Die Task Forces in Rheinland-Pfalz haben auf Basis des Warn- und Aktionsplanes gute, effiziente und zielgerichtete Maßnahmen ergriffen; die Virenlast in der Bevölkerung ist aber schon zu hoch, dass sie nachhaltig wirken. Zusätzlich zu lokalen Maßnahmen brauchen wir deutschlandweite Schutzmaßnahmen, weil wir heute nicht mehr einzelne und lokalisierte Ausbruchsgeschehen haben, weil wir heute nicht mehr einzelne Risiko-Gebiete haben, sondern weil heute fast die gesamte Landkarte in Deutschland rot ist. Wir haben es schon einmal geschafft und wir können es wieder schaffen", so die Ministerpräsidentin.
"Ich weiß, es ist nicht leicht, die Schutzmaßnahmen einzuhalten. Es fällt schwer, auf Geselligkeit zu verzichten, nicht alle Freunde treffen zu können, nicht mit der erweiterten Familie feiern zu können, nicht auszugehen. Aber ich weiß auch, dass die Regierung im Bund und wir in den Ländern Verantwortung dafür tragen, dass es nicht dazu kommt, dass Millionen Menschen erkranken und Tausende sterben."
Schutz gefährdeter Gruppen, Schnelltests für Personal und Besucher
Steigende Infektionszahlen führten leider auch zu einem Anstieg an Infektionen in medizinischen Einrichtungen und bei gefährdeten Personengruppen. "Ihr Schutz ist unsere Aufgabe. Wir wollen verhindern, dass es durch grundsätzliche Besuchsverbote zur Vereinsamung kommt. Deshalb haben die zuständigen Stellen je nach den lokalen Gegebenheiten für die Krankenhäuser, Pflegeheime, Senioren-und Behinderteneinrichtungen besondere Schutzvorkehrungen ergriffen", unterstrich die Ministerpräsidentin weiter.
Der Bund habe durch die neue Testverordnung sichergestellt, dass die Kosten der seit kurzem verfügbaren SARS-CoV2-Schnelltests für regelmäßige Testungen der Bewohner bzw. Patienten, deren Besucher und das Personal übernommen werden. Die verfügbaren Schnelltests sollen jetzt zügig und prioritär in diesem Bereich eingesetzt werden, um auch bei steigenden Infektionszahlen einen bestmöglichen Schutz zu gewährleisten und sichere Kontakte zu ermöglichen.
Schutzmaßnahmen ab 2. November im Einzelnen
Der Aufenthalt in der Öffentlichkeit ist nur mit den Angehörigen des eigenen Hausstandes und eines weiteren Hausstandes, aber in jedem Fall maximal begrenzt auf zehn Personen, gestattet. Weil diejenigen, die sich nicht an die Maßnahmen halten, andere Menschen gefährden, werden Verstöße gegen diese Kontaktbeschränkungen von den Ordnungsbehörden sanktioniert. Darüberhinausgehende Gruppen feiernder Menschen auf öffentlichen Plätzen, in Wohnungen sowie privaten Einrichtungen sind angesichts der ernsten Lage in unserem Land ein gesundheitliches Risiko. Bund und Länder wirken bei den verstärkten Kontrollen zusammen.
Bürgerinnen und Bürger werden aufgefordert, generell auf nicht notwendige private Reisen und Besuche zu verzichten. Das gilt auch im Inland und für überregionale tagestouristische Ausflüge. Übernachtungsangebote im Inland werden nur noch für notwendige und ausdrücklich nicht touristische Zwecke zur Verfügung gestellt.
Institutionen und Einrichtungen, die der Freizeitgestaltung zuzuordnen sind, werden geschlossen. Dazu gehören
a. Theater, Opern, Konzerthäuser, und ähnliche Einrichtungen
b. Messen, Kinos, Freizeitparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen), Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen
c. Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen
d. der Freizeit-und Amateursportbetrieb mit Ausnahme des Individualsports allein, zu zweit oder mit dem eigenen Hausstand.
e. Fitnessstudios, Schwimm-, Spaßbäder und ähnliche Einrichtungen.
Veranstaltungen, die der Unterhaltung dienen, werden untersagt.
Gastronomiebetriebe sowie Bars, Clubs, Diskotheken, Kneipen und ähnliche Einrichtungen werden geschlossen. Davon ausgenommen ist die Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen für den Verzehr zu Hause.
Dienstleistungsbetriebe im Bereich der Körperpflege wie Kosmetikstudios, Massagepraxen, Tattoo-Studios und ähnliche Betriebe werden geschlossen, weil in diesem Bereich eine körperliche Nähe unabdingbar ist. Medizinisch notwendige Behandlungen, zum Beispiel Physio-, Ergo und Logotherapien sowie Podologie/Fußpflege, bleiben weiter möglich. Friseursalons bleiben unter den bestehenden Auflagen zur Hygiene geöffnet.
Der Einzelhandel bleibt unter Auflagen zur Hygiene, zur Steuerung des Zutritts und zur Vermeidung von Warteschlangen insgesamt geöffnet. Dabei ist sicherzustellen, dass sich in den Geschäften nicht mehr als ein Kunde pro 10 qm Verkaufsfläche aufhält.
Schulen und Kindergärten bleiben grundsätzlich geöffnet. Die Länder entscheiden über die erforderlichen Schutzmaßnahmen.
Dank an alle, die helfen, das Virus einzudämmen
"Der überwiegenden Mehrheit, die bisher und auch in Zukunft diese Maßnahmen mit Gemeinsinn und Geduld einhalten, gehört mein Dank. Meinen größten Respekt und Dankbarkeit zolle ich denjenigen, die im Gesundheitssystem ihren Dienst leisten und denjenigen, die für die praktische Umsetzung der Maßnahmen sorgen. Deswegen gilt heute wieder: Bleiben Sie zu Hause, damit diejenigen, die Ihnen helfen, für Sie da sein können", so die Ministerpräsidentin.
"Vor uns liegen vier schwierige Wintermonate. Aber wir können mit Zuversicht in die Zukunft sehen. Die Fortschritte bei der Impfstoffentwicklung und die Weiterentwicklung bei den Corona-Tests sind Grund zur Hoffnung, dass wir, wenn es uns gemeinsam gelingt, gut durch diesen Winter zu kommen, im nächsten Jahr schrittweise die Pandemie überwinden."