Von Klaus Stein
Je länger die kontaktverhindernden Maßnahmen andauern, desto dünner wird bei einigen Mitmenschen wohl das Nervenkostüm. Da wird eine Frau in der Schlange vor einem Einkaufsmarkt angemacht, weil sie eine Schutzmaske trägt: "Warum tragen Sie die Maske und haben sie nicht einem Krankenhaus gespendet, wo sie dringend gebraucht werden", so ein Mit wartender.
Was er nicht wissen konnte, die Frau war selbst Ärztin und schützte sich und andere vor Ansteckung.
Einfühlsam versahen zwei Streifenpolizistinnen an der Rheinpromenade ihre Aufgabe zu überwachen, ob die Corona-Regelungen eingehalten werden. Sie sprachen zwei junge Frauen an, die mit drei kleinen Kindern unterwegs waren: "Sie wissen schon, dass Sie fünf Personen sind, aber nur vier erlaubt sind - gehören Sie in einen Haushalt?" "Schauen Sie doch mal, wir sind Zwillinge", so die Antwort einer der Spaziergängerinnen. Ein kurzer Blick der Polizistinnen genügte, und die Situation war klar. Mit einem Dank der Passantinnen für die Umsicht der Polizei ging man seiner Wege.
Pech hatte nur wenige Meter weiter, in der Nähe der Strandbar, ein 20-jähriger Böhl-Iggelheimer, der offensichtlich nicht mit einer Polizeistreife gerechnet hatte, denn auf einer Bank sitzend drehte er sich in aller Seelenruhe einen Joint.
Weniger entspannt erlebte eine Frau den Wachdienst, der den Zugang zu einem Supermarkt regelte. Sie hatte keinen Einkaufswagen und wurde ohne einen solchen nicht hineingelassen. Als sie erklärte, dass sie einen Einkaufswagen wegen einer Behinderung an den Händen nicht dirigieren könne, wurde ihr sogar mit der Polizei gedroht. Daraufhin wandte sie sich an den städtischen Behindertenbeauftragten. Nach seinem Anruf bei der Marktleitung entschuldigte man sich für das Verhalten des übereifrigen Wachmanns und versicherte, dass die Frau selbstverständlich gerne einkaufen können.
Die "Einkaufswagenpflicht" stieß bei einer Nicht Behinderten auf wenig Verständnis. Mit den Worten "Sch...-Laden, ich kaufe hier nie mehr ein" verließ sie wütend das Gelände.
Offensichtlich benutzen Haushalte, denen wegen der Klopapier-Hamsterkäufe die hilfreichen Papierrollen ausgehen, schon mal nicht so geeignete Materialien, um sich nach dem "Geschäft" zu hinterrücks zu säubern. Deshalb sahen sich die Stadtwerke Speyer dieser Tage veranlasst, einen Hinweis zu geben, dass weder Küchenrolle, Zellstofftaschentuch noch feuchte Tücher ins Klo gehören, da sie die Rohre verstopfen könnten.
Das alles scherte die tierischen "Rasenmäher" auf den Wiesen in der Nähe des Tierheims nicht. Wie im vergangenen Jahr schon wurden Kühe, Schafe und Ziegen zur Pflege der Streuobstwiesen eingesetzt. Vor allem für Kinder waren sie eine Sehenswürdigkeit.
Sozusagen als Kontrapunkt zur Krise präsentiert sich die Natur von ihrer prachtvollsten Seite. Das macht es sicherlich nicht leichter, die auferlegten Verbote einzuhalten.
Großes Lob verdienen die beiden Frauen an der Stadtspitze. Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler und Bürgermeistern Monika Kabs machen derzeit alles richtig. Trotz bekanntlich begrenzter finanzieller Mittel helfen sie vor allem den Menschen, die Hilfe dringend brauchen. Da wird die "Tafel" unterstützt, die nicht mehr genügend Ware bekommt, werden Obdachlose mit Hygieneartikeln und Notfallbeuteln, die Lebensmittel wie Tee, Kaffee, Konserven und Kekse enthalten versorgt.
Auch die unbürokratische vorzeitige Auszahlung der Sportfördermittel an die schwer gebeutelten Vereine sowie die Unterstützung der Kulturschaffenden, denen die Existenzgrundlage weggebrochen ist, verdient Anerkennung. Sie senden das richtige Signal aus: "Wir Speyerer halten zusammen." (Fotos: ks)