Von Klaus Stein
Haben wir es überstanden? Mal abwarten! Jedenfalls führen sich viele wieder so auf, als ob es die Corona-Pandemie nicht mehr gebe: Da wird auf Mundschutz verzichtet oder nachlässig unter der Nase getragen, die Abstandsregeln, die ja immer noch gelten, nicht eingehalten.

Diesen Eindruck bestätigt die Einsatzstatistik des Speyerer Vollzugsdienstes im Zusammenhang mit Corona, die Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler am Montag vorstellte. Demnach laufen 120 Bußgeldverfahren gegen "Corona-Sünder". Man habe feststellen müssen, dass in den letzten zwei Wochen die Dinge etwas fahrlässiger gehandhabt werden, so das Fazit.
Dabei ist die Pandemie alles andere als überstanden, denn weltweit kommen derzeit täglich etwa 100.0000 neue Infizierte hinzu - von denen man weiß - und tausende Tote. Dass es in Deutschland bisher relativ glimpflich ablief ist der Disziplin der Bevölkerung und dem umsichtigen Handeln der politisch Verantwortlichen auf allen Ebenen zu verdanken.

Ich selbst bin froh, dass es zumindest wieder einen Kaffee gibt, auch wenn das mit einigen Umständen verbunden ist wie beispielsweise das Hinterlassen der Kontaktdaten. Mir persönlich, der ich zur Risikogruppe zähle, ist die ganze Öffnerei aber eher suspekt. Allerdings habe ich Verständnis dafür, wenn sich viele Menschen nach so etwas wie Normalität sehnen. Einige scheinen ja regelrecht am Durchdrehen gewesen zu sein. Wie sonst ist es zu erklären, dass ein mit einem "Messer bewaffneter Mann im Treppenhaus herumgeschrien hat", wie der Speyerer Polizeibericht vor einigen Tagen vermeldete?
Es wärmt mir das Herz, dass sich trotz des Überthemas "Corona und die Folgen" junge Menschen derer erinnern, die wirklich am Ende sind wie die Flüchtlingskinder in griechischen Lagern. Danke "Colouered Rain" dafür.
Im Gegensatz dazu steht das Phänomen, dass jetzt "Alu-Hut-Träger", Weltverschwörer und Rechtsextreme gemeinsam bei Demonstrationen und "Meditationen" die Freiheit und das Grundgesetzt retten wollen - das ist Realsatire. Bisher sind solche Personenkreise nicht unbedingt als Fans einer freien, offenen und pluralistischen Gesellschaft hervorgetreten. Schuld sind mal wieder - wie bei PEGIDA - die Medien frei nach dem Motto "ich habe meine Meinung, bitte verwirre mich nicht durch Fakten". Da kann ich nur Loriot zitieren: "In Krisenzeiten suchen Intelligente nach Lösungen, Idioten nach Schuldigen." (Fotos: ks)