Von Klaus Stein
Die sogenannten "Bibelforscher", die sich "Jehovas Zeugen" nennen, gehörten als religiöse Gruppierung ebenso zu den Verfolgten des Nazi-Regimes wie politisch Andersdenkende oder ethnische Minderheiten und natürlich die Juden. Georg Jossé war in den 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts in Brasilien mit den "Ernsten Bibelforschern" in Berührung gekommen und hatte sich ihnen angeschlossen.

Nach seiner Rückkehr nach Speyer betrieb er in seinem Elternhaus in der Kleinen Gailergasse 1 eine Bäckerei. Trotz Pressionen durch das NS-Regime rückte er nicht von seinen 201023 stoplersteine02
religiösen Überzeugungen ab. Er wurde mehrfach verhaftet und starb 1943 in einem Münchner Gestapo-Keller an den Folgen von Misshandlungen.
Zum ersten Mal wurde bei der 3. Aktion "Stolpersteine" in Speyer am Donnerstag gedacht. Es war das Haus der Familie Jossé, vor dem sich eine ansehnliche Menge von Menschen versammelt hatten, darunter Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler, um den ehemaligen meist vergessenen Mitbürger*innen wieder einen Namen zu geben und deutlich zu machen, sie gehören zu Speyer.
Mitinitiatorin Katrin Hopstock freute sich über die Initiativen von Schüler*innen, durch die Geld für weitere Stolpersteine zur Verfügung stehe.
Diesmal waren Schüler*innen aus dem Gymnasium am Kaiserdom, der Burgfeldschule am Verlegen der Stolpersteine beteiligt, denn Stolpersteine-Künstler Gunter Demnig hatte andere Termine, war an diesem Tag in Schlüchtern.
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Am Postplatz 3 wurde der jüdischen Familie Hildesheimer gedacht. Sie gehörte zu den ältesten jüdischen Familien in der Domstadt. 1939 wurde das Anwesen der Hildesheimers "Zwangsarisiert". Felix Hildesheimer warf sich 1939 vor einen Zug und seine Witwe kam 1940 ins berüchtigte Lager "Gurs". Sie konnte allerdings 1941 in die USA auswandern.
Weitere Steine wurden vor dem ehemaligen Wohnsitz der Familie Moritz in der Maximilianstraße 71, dem Geschäft der Familie Herz in der Maximilianstraße 33 und dem Domizil der Familie Reichenberg in der Maximilianstraße 32 verlegt. (Fotos: ks)

Hintergrund:
Die Aktion "Solpersteine" ist ein Projekt des 1947 in Berlin geborenen und aufgewachsenen, heute in Köln lebenden Künstlers Gunter Demnig. Seit 2009 erinnert er damit an die Opfer der NS-Zeit, indem er vor ihrem letzten selbstgewählten Wohnort Gedenktafeln aus Messing ins Trottoir einlässt. Inzwischen liegen "Solpersteine" in 1.265 Kommunen Deutschlands und in einundzwanzig Ländern Europas.