Von Klaus Stein
Als "paradoxe Situation" hat dieser Tage die Speyerer Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler die aktuelle Lage zur Corona-Pandemie bezeichnet. Recht hat sie, aber "paradox" ist noch gelinde ausgedrückt: Die täglichen Neuinfektionen erreichen nie erwartete Höchstwerte, die Todeszahlen sind vierstellig in der Woche und die Intensivstationen der Krankenhäuser sind vielfach schon wieder am Anschlag, auch in Speyer.
Heute kamen 35 neue Fälle dazu und die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner liegt bei 297,5. Noch-Kanzlerin Angela Merkel, nicht dafür bekannt zu dramatisieren, spricht von einer "dramatischen Lage" und Bayern hat bereits vor Tagen wieder den Notstand ausgerufen.
Dessen ungeachtet wurden die Corona-Beschränkungen zu Beginn des Monats gelockert und am Montag wird in Speyer ein Weihnachtsmarkt eröffnet, den die Beschicker seit Tagen emsig aufbauen.
Viele Menschen langen sich an den Kopf und verstehen die Welt nicht mehr. Ich kann ja verstehen, dass die Stadtspitze dem Drängen der in den vergangenen fast zwei Jahren stark gebeutelten Einzelhändlern und Schaustellern nachgegeben hat und den Weihnachtsmarkt stattfinden lässt, zumal das Land den Weg dafür frei gemacht hat. Auch in der Bevölkerung gibt es eine verständliche Sehnsucht nach solch einem - ansich harmlosen - Vergnügen.
Es soll entgegen ersten Ankündigungen jetzt doch Kontrollen geben. Ich halte es allerdings für unrealistisch, die Einhaltung der Corona-Regeln zu kontrollieren. Was geschieht, wenn der Weihnachtsmarkt mit tausenden Menschen voll ist, wird dann eine Hundertschaft Polizei anrücken, um die Menge auseinander zu treiben? Werden Weihnachtsmarktbesucher eventuell kriminalisiert?
Klar ist: Weihnachtmärkte werden wie andere Massenveranstaltungen vor allem Freudenfeste für die Corona-Mutanten. So kann diese vierte Welle nicht gebrochen werden, wird es noch mehr Leid und Tod geben.
Einige Städte haben bereits die richtigen Konsequenzen gezogen und ihre Weihnachtsmärkte abgesagt.
Auch auf die Gefahr hin, mich bei einigen unbeliebt zu machen: In Speyer sollte nicht mit dem Feuer gespielt und er Weihnachtsmarkt abgesagt werden. Menschenleben gehen vor Vergnügungen! (Foto: ks)