Von Klaus Stein
Die Speyerer Grünen sind sich nicht grün (das musste sein)! Genauer gesagt ist die Stadtratsfraktion in einigen Fragen anderer Meinung als der Stadtvorstad mit der Grünen Beigeordneten Irmgard Münch-Weinmann. Das ist allerdings kein Nebenkriegsschauplatz in Krisenzeiten sondern es geht um eine zentrale Zukunftsfrage: Wie setzen wir die Prioritäten.
"Wahrlich steht unsere Stadt vor weiterhin großen Herausforderungen: Energiekrise, Klimawandel, Corona-Pandemie, bezahlbare Wohnungen, sozialer Zusammenhalt, um nur einige zu nennen", mischt sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Philipp Brandenburger in den Grünen-Konflikt ein. Damit hat er recht. Allerdings seine Schlussfolgerung, im Stadtvorstand müsse Einigkeit herrschen und die dazugehörigen Parteien müssten deshalb kritiklos folgen, "an einem Strang ziehen", wie er es ausdrückt, zeugt von falschem Demokratieverständnis. Es sind die gewählten Vertreter*innen im Stadtrat, welche die Vorgaben machen sollen, die dann vom Stadtvorstand und der Verwaltung umgesetzt werden.
Dass die SPD hier wenig Initiative zeigt, das Politik gestalten weitgehend ihrer Oberbürgermeisterin überlässt, ist traurig genug.
Im Kern der Sache geht es tatsächlich nicht nur um den Wald sondern um viele Politikbereiche. Dazu gehört neben dem Wald ein anderes Wassermanagement, die Verkehrswende oder ein Paradigmenwechsel beim Stadtgrün und ein endgültiger Stopp bei den innerstädtischen Versiegelungen. Es geht auch darum, ob der Wald in erster Linie als Wirtschaftsfaktor gesehen wird oder als Ort für Mensch und Tier, als Erholungsraum oder als Brennholzlieferant. Ob er in erster Linie zugänglich ist für schwere Lastwagen oder ob auch Menschen, die auf den Rollstuhl angewiesen sind, teilhaben können am "Seelenort" Wald.
Unter Forstwissenschaftlern ist klar, dass der Wald sich besten regeneriert und es auch kostengünstiger ist, wenn er weitgehend sich selbst überlassen wird.
Gerade in einer der am dichtesten besiedelten Regionen Europas wie der Metropolregion Rhein-Neckar kommt dem Wald eine besondere Rolle als Erholungsort zu.
Die Politik muss endlich Gas geben, unverzüglich die Veränderungsprozesse auf den Weg bringen, die Prioritäten anders definieren. Nicht mehr bauen um jeden Preis, koste es was es wolle, und das in mehrerer Hinsicht, sondern die Stadt auch bei steigenden Temperaturen bewohnbar halten. Nicht mehr weiter verdichten und versiegeln, selbst wenn wertvolles Grün dabei auf der Strecke bleibt.
Wenn zum Beispiel heute Bäume gepflanzt werden, dann sind sie in etwa 20 Jahren soweit, dass sie den Zweck als natürliche Klimaanlagen erfüllen können.
Unter all diesen Aspekten ist es begrüßenswert, wenn die Grünen im Stadtrat endlich ihre von den Wähler*innen zugedachten Auftrag erfüllen und Politik gestalten anstatt nur darauf zu reagieren, was die Verwaltung vorgibt. Das gilt übrigens für den gesamten Stadtrat!
Neulich stand in der Süddeutschen Zeitung zu lesen: "Das Fällen von Bäumen ist kein Klimaschutz." Dem ist nichts hinzuzufügen! (Fotomontage: ks)