Von Klaus Stein
"Solidarität" ist ein viel bemühter Begriff, oft auch missbraucht. Er war das Motto der Maiveranstaltungen 2023 und stand auch bei der Kundgebung des Speyerer DGB in der Walderholung im Mittelpunkt der Redebeiträge. Die Veranstaltung war besser besucht als in den Vorjahren. Unter den Gästen war auch die SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Mackensen-Geis.

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Viele, die ihn 2018 erlebt hatten, freuten sich darüber, dass Pfarrer Franz Meurer wieder nach Speyer gekommen war, um am 1. Mai den Reichen und Mächtigen die Leviten zu lesen. Der Priester wurde schon als Sozial-Pfarrer, Pfarrer der Armen, der Kölsche Franziskus, der Don Camillo von der Schääl Sick (falschen Seite) oder als der "Erzbischof der Herzen" bezeichnet. Seine Gemeinden St. Theodor (Vingst) und St. Elisabeth (Höhenberg) in Köln liegen in sozialen Brennpunkten Kölns.
Für ihn gehört Solidarität zeigen zum Alltag. "Wir müssen auch als Gewerkschaften solidarisch an der Seite der Menschen stehen, sonst verlieren wir sie. Menschen wollen wahrgenommen werden. Wenn das nicht geschieht, dann haben populistische und rechte Rattenfänger leichtes Spiel, wie Meurer an Beispielen deutlich machte. Zur Solidarität gehöre auch die Barmherzigkeit.
Den Titel eines Werks von Navid Kermani, eines deutsch-iranischen Schriftstellers und Publizisten, sei sinnbildlich dafür, was Solidarität bedeute: "Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näherkommen". Es müsse nicht immer so ausgehen wie in "Herr der Fliegen", dass eine Gruppe Menschen, auf sich allein gestellt, aufeinander losgehen. Der Fall von Internatsschülern, die es auf eine einsame Insel verschlagen habe und die sich solidarisch verhielten und gute Lösungen bei Konflikten entwickelt hatten zeige, dass der Mensch nicht immer des Manschen Wolf sein müsse.
Der Gottesmann verbreitete eine Botschaft der Hoffnung in schwierigen Zeiten.
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Zuvor hatte Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) bei ihrem Grußwort betont, dass ihr Solidarität angesichts der aktuellen Herausforderungen wichtig sei. "Wir müssen handeln und Veränderungsprozesse in Gang setzen", sagte sie. Dabei müssten Einzelinteressen zurückstehen. Seiler erteilte dem Glauben an ein unbegrenztes Wachstum eine Absage. Es müssten die Prioritäten neu gesetzt werden.
Der Fachkräftemangen habe auch die Kommunen erreicht. Das Personal sei knapp und schon deshalb habe sie die Gewerkschaftsforderungen als richtig bezeichnet. In diesem Zusammenhang lobte sie die Mitarbeitenden der Stadtverwaltung, die alle ihr Bestes geben würden.
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Bei seinem Rundumschlag hatte der Speyerer DGB-Vorsitzende Axel Elfert zu Beginn der Veranstaltung das Bild einer Gesellschaft gezeichnet, in der es viele Probleme gebe. Als Folge des Ukraine-Krieges gebe es weitreichende Folgen. Nicht nur, dass jetzt viel Geld in Rüstung fließe, auch kämen die Kommunen bei der Aufnahme von Flüchtlingen an ihre Grenzen. Mangel an bezahlbarem Wohnraum berge viel politischen Sprengstoff, so Elfert. Er kritisierte den Massentourismus und die Verödung der Innenstadt. Wohnungen leer stehen zu lassen bezeichnete Elfert als "asozial".
Deutliche Worte fand der Gewerkschafter zur U-Boot Affäre. Es sei geschützte Natur den Profitinteressen preisgegeben worden, der Klimawandel und dessen Folgen gerate dabei in den Hintergrund.
Den offiziellen Teil beendeten die Mädchen und Jungs der Hiphop-Tanzgruppe von "2010 Jugendkultur Speyer". (Fotos: ks)