Von Seán McGinley
In einem packenden Spitzenduell der 1. Bundesliga Süd haben sich der JSV Speyer und der TSV Abensberg 7:7-Unentschieden getrennt. Damit hat Speyer den zweiten Tabellenplatz vorerst verteidigt. Allerdings hat Abensberg noch zwei ausstehende Kämpfe in der Hinterhand. Für den JSV war es der erste Punktgewinn gegen den Rekordmeister, gegen den man zuletzt immer deutlich verloren hatte. An diesem Tag war es aber der TSV Abensberg, der am Ende froh sein musste, im letzten Kampf noch das Unentschieden gerettet zu haben. Die Stimmung im Speyerer Judomaxx war prächtig – lautstark wurden die Kämpfer angefeuert und die Aktionen bejubelt. Sogar die Abensberger lobten nach dem Kampf die überragende Stimmung. Die Kampfverläufe boten allerdings auch jeden Grund für Begeisterung auf den Rängen. Spannend, dramatisch und hart umkämpft war fast jedes einzelne Duell. Der Spitzenkampf Speyer gegen Abensberg entpuppte sich als mehr als ein bloßes Zufallsprodukt einer unausgewogenen Momentaufnahme in der Tabelle.
In einigen Duellen war den Speyerern klar, dass sie gegen die Abensberger Top-Kämpfer – derer es trotz Ausfälle aufgrund der bevorstehenden Europameisterschaft genügend gab - nicht mit Punkten rechnen konnten. Und es gab Kämpfe, in denen die Speyerer sich gute Chancen ausrechneten. Dazwischen lagen die paar Duelle, in denen sich der Mannschaftskampf entscheiden würde. Hierzu gehörte im ersten Durchgang der Kampf zwischen Philipp Müller und David Krämer. Müller war nah dran am Punkt für Speyer – Krämer wurde dreimal verwarnt, aber eine Verwarnung wurde zurückgenommen, so dass ihm die Disqualifikation erspart blieb. Die reguläre Kampfzeit endete ohne Wertung, und im Golden Score (Verlängerung) schenkten sich beide Kämpfer ebenfalls nichts. Nach fast zwei Minuten der Verlängerung gelang es dem Abensberger jedoch, Müller mit einer Würgetechnik zur Aufgabe zu zwingen und somit den Punkt zu holen.
Das georgische Duo Irakli Kupatadze und Onise Bughadze (gegen den Ex-Speyerer Simon Glockner) sowie Franz Haettich gewannen ihre Kämpfe und hielten den JSV somit im Rennen. Den absoluten Highlight gab es aber im letzten Kampf des ersten Durchgangs: David Riedl drehte im Rückstand liegend gegen den favorisierten Georgier Zebeda Rekhviashvili den Spieß um und warf seinen Gegner zum Ippon auf die Matte – der Jubelausbruch unter dem Speyerer Team und Fans war so, als hätten sie gerade die Deutsche Meisterschaft gewonnen. „Das ist der Grund warum Judo so geil ist“, kommentierte JSV-Teamchef Michael Görgen-Sprau den unerwarteten Sieg von Riedl, und fügte hinzu: „Ab dem Moment haben wir gewusst, das was drin ist“.
Um die Chance zu nutzen, musste sorgfältig überlegt werden, wie man für den zweiten Durchgang aufstellt. Wer sollte ein zweites Mal kämpfen, wo sollte man die mindestens drei vorgeschriebenen Wechsel vornehmen? Wie würde der Gegner wahrscheinlich aufstellen? Michael Görgen-Sprau entschied sich dafür, Kupatadze gegen Tobias Teucke, Riedl gegen Giga Gigauri, Andreas Benkert gegen Raphael Schlegel und Martin Ludwig gegen Paul Ackermann zu tauschen – letzterer kam so zu einem Bundesligadebüt. „Wir haben darauf gesetzt, dass Philipp Müller den zweiten Kampf gewinnt“, erklärte der JSV-Teamchef. Ebenfalls mitentscheidend würde das abschließende Duell in der Klasse bis 81 Kilogramm zwischen den beiden Georgiern Gigauri und Rekhiashvilli sein.
Der Kampf zwischen Müller und Lukas Vennekold, dem Deutschen Meister von 2017, wurde zu einem echten Krimi. Müller ging früh in Führung, kassierte aber auch schnell zwei Verwarnungen und konnte sich somit keinen Fehler mehr erlauben. Rund eine Minute vor dem Ende glich Vennekold aus. Ein zweite Wertung für Müller wurde zunächst gegeben und dann zurückgenommen. Nach über zwei Minuten der Verlängerung erzielte Müller dann aber den vielumjubelten entscheidenden Wazaari.
Dank Haettich und Bughadze – Letzterer im zweiten Durchgang kampflos – kamen zwei weitere Punkt hinzu. Schlegel, Teucke und Ackermann mussten ihre Kämpfe abgeben. So ging es beim Stande von 7:6 für Speyer in den letzten Kampf. Gigauri hatte die Aufgabe, den Sensationssieg unter Dach und Fach zu bringen. Und fast wäre es ihm gelungen. Er lieferte sich mit seinem Landsmann Rekhiasvilli ein packendes Duell auf Augenhöhe. Und dann gelang dem Speyerer der Wurf – Ippon oder nicht? Nach Betrachtung der Videoaufnahme stellten die Kampfrichter fest: Rekihiasvilli hatte sich über den Kopf abgerollt – keine Wertung für den Speyerer. Der Kampf ging also weiter. Doch kurze Zeit darauf – eine halbe Minute vor Ende der regulären Kampfzeit – gelang Rekhiasvilli der entscheidende Wurf um das Unentschieden für Abensberg zu retten.
Kaum zu Glauben, dass der JSV Speyer nach einem Unentscheiden gegen Abensberg mit dem Gefühl hadern würde, dass eigentlich mehr drin war. Im Falle eines Sieges wäre sogar eine kleine Chance auf die Teilnahme an der Bundesliga-Finalrunde drin gewesen. Im Gegensatz zu der Frauenbundesliga, wo drei Mannschaften aus Nord und Süd in diese Einziehen, qualifizieren sich bei den Männern nur die ersten beiden. Es ist klar, dass Abensberg angesichts zweier Kämpfe weniger als Speyer den einen Punkt, der die beiden Teams in der Tabelle trennt, aufholen wird. Trotzdem ist es eine große Genugtuung für den JSV, bis zum September Tabellenzweiter zu bleiben.