Von Klaus Stein
"Der Wald ist Klimakrank" ist der Titel einer Broschüre des Rheinland-Pfälzischen Umweltministeriums. speyer-info ist der Frage nachgegangen, inwieweit das auch die Wälder in der Vorderpfalz betrifft. Jürgen Render, Förster des Speyer benachbarten Reviers der Verbandsgemeinde Dudenhofen, bestätigte in einem Gespräch mit unserer Zeitung weitgehend die in der Broschüre gemachten Aussagen.
"Es sind mehr tote Bäume hinzugekommen und man findet nur noch wenige gesunde Bäume", sagt Render. So seien viele Kiefern im Wald zwischen Westheim und Bellheim kahl. Generell sei bei den Kiefern nur noch ein Nadeljahrgang vorhanden - normal wären zwei bis drei. Das sei der anhaltenden Trockenheit geschuldet, die sich selbst im Auwald auswirke. So seien beispielsweise 30 Prozent der Neupflanzungen in einer Bachaue bei Freisbach verstrocknet.
Vor allen die Sandböden könnten das Wasser nicht gut halten. "Kiefern können zwar ihren Wasserbedarf reduzieren, aber nur für begrenzte Zeit, denn ohne Wasser funktioniert die Fotosynthese nicht, von der sich Bäume ernähren", so Render. Ein weiteres Problem sei der starke Befall mit der Schmarotzerpflanze Mistel, die keine Rücksicht auf ihren Wirtsbaum nehme.
"Es geht aber nicht nur um Trockenheit und Wassermangel sondern auch um die extreme Hitze, die an den Stämmen bei glattrindigen Bäumen Sonnenbrand verursacht."
Zusätzlich seien neue Schädlinge wie der "Waldgärtner" (eine Käferart) hinzugekommen, der bei Kiefern einen sogenannten "Reifungsfraß" verursachen könne. So überlagerten sich gleich mehrere schädliche Effekte. Dabei könne man heilfroh darüber sein, dass nach den Orkanschäden im Jahr 1990 der Waldumbau weg von den Monokulturen hin zu Mischkulturen verstärkt vorgenommen wurde - die Negativeffekte wären sonst noch härter durchgeschlagen.
Es gebe gute Erfahrungen mit der Selbstverjüngung des Waldes: "Wir prüfen immer, ob wir Ersatzpflanzungen anlegen oder den Wald das selbst regulieren lassen sollen, denn Naturverjüngung ist das Beste", so der Forstexperte.
Es werde sicherlich notwendig sein, den Wald mit Bäumen zu "impfen", die mit höheren Temperaturen klarkommen. Baumarten wie die Traubeneiche, die Edelkastanie, Spitz- und Feldahorn, aber auch die Kiefer, werden weiterhin eine Rolle spielen.
Ein weiteres dringliches Problem, das der Lösung bedürfe, sei das Wild: "Wenn bei einem jungen Baum immer wieder die oberen Triebe abgebissen werden, dann kann er nicht gedeihen." Deshalb nehme das Rehwild großen Einfluss auf den Baumbestand. Er registriere ein zunehmendes Problembewusstsein und Einsicht bei den Jägern, aber die Situation sei regional unterschiedlich. Generell sei die Jagd im Ballungsraum schwierig, denn der Wald sei ein wichtiges Refugium zur Erholung der Menschen.
Mit Sorge betrachtet Jürgen Render auch den Rückgang bei den Tierarten. So sei nicht nur ein Rückgang bei den Insekten zu beobachten sondern auch bei Fledermäusen und Vögeln. Weniger Spechte bedeuteten beispielsweise weniger Nisthöhlen. Wo es möglich ist, lasse man abgestorbene Bäume stehen: "Ein Wald ohne Totholz ist ein armer Wald."
Render mahnt: "Wie wichtig eine Art ist wissen wir oft erst, wenn sie nicht mehr da ist."
Eine reguläre Baumernte beispielsweise bei Kiefern gebe es derzeit nicht, denn die Holzpreise seien am Boden. Allerdings zwinge die sogenannte "Verkehrssicherung" zum Fällen von Bäumen, die den Menschen gefährden.
Es gebe den Auftrag, mit den Lebewesen Bäume, dem Wald und der Umwelt insgesamt sorgsam und nachhaltig umzugehen. Beim Holz sei unser ökologischer Fußabdruck zu groß, denn wir verbrauchten etwa die dreifache Menge dessen, was in unseren Wäldern nachwächst. Den Rest importieren wir.
Langfristig gesehen müsse der Wald erhalten, die biologische Vielfalt und die Erholungsfunktion gesichert werden - ohne in politischen Aktionismus zu verfallen.
Um das bewältigen zu können, müsse am bei den Forstämtern personell handlungsfähig bleiben. Wichtig seien Ausbildung und die Arbeitssicherheit. In der Verbandsgemeinde kann Render auf ein gutes, junges und motiviertes Team zurückgreifen. (Foto: ks)