Von Michael Stephan
Ab Ende Mai bekommen die Seehunde in der Nordsee ihre Jungen. Dann beginnt für die Mitarbeiter in der Seehundstation in Norddeich die Hochsaison. Jedes Jahr päppeln sie etwa 150 Seehund-Jungtiere auf, die von ihren Müttern getrennt wurden. Alleine würden die kleinen Seehunde den Überlebenskampf in freier Natur nicht gewinnen.

Die Seehundbabys werden auf Sandbänken in der Nordsee geboren. Sie wiegen bei ihrer Geburt zwischen 7 und 15 Kilogramm. Ist gerade Hochwasser, kann die Seehundmutter die Geburt solange hinauszögern, bis die Sandbank wieder erreichbar ist. Die Seehundbabys können gleich nach der Geburt schwimmen, müssen aber auf den Sandbänken in den ersten Wochen regelmäßig gesäugt werden.
Ein junger Seehund wird nur Heuler genannt, wenn er verwaist aufgefunden wird. Er heult dann, um seine Mutter zu rufen. Es gibt unterschiedliche Gründe, warum ein Seehundbaby von der Mutter getrennt wird. Natürliche Katastrophen für einen jungen Seehund sind zum Beispiel der Tod der Mutter, starke Stürme und heftige Sommergewitter. Der häufigste Grund sind allerdings wir Menschen: Sportboote, die zu schnell und zu nah an die Sandbänke heranfahren, Wattwanderer, die ohne Wattführer unterwegs sind oder Spaziergänger, die ein Foto mit dem niedlichen Seehund machen wollen.
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In der Seehundstation durchlaufen die Tiere mehrere Fütterungsphasen. In der ersten Phase muss die Mutter ersetzt werden. Die Seehundbabys werden mit einer Lachsemulsion ernährt. Dieser Muttermilchersatz wird ihnen mit einem weichen Silikonschlauch eingeflößt. Während dieser 14 Tage müssen sie sich, wie in der freien Natur, von Woche zu Woche steigern. Das fängt mit kleinen Heringen an, die ihnen per Hand gegeben werden. Erst wenn sie selbständig fressen können, kommen sie ins große Auswilderungsbecken. Hier wird der Fisch nur noch ins Becken geworfen. Sie müssen sich diesen selbständig holen. Seehunde sind Wildtiere. Sobald die Tiere selbständig fressen, müssen die Tierpflege aufpassen. Seehunde haben scharfe Zähne und beißen schnell zu – gerne in den Allerwertesten der Tierpfleger.
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Egal, zu welcher Jahreszeit die Seehundstation besucht wird, es gibt immer etwas zu sehen: Im Sommer werden die hilflos aufgefundenen Seehund-Heuler betreut, im Herbst kümmert man sich um geschwächt aufgefundene oder verletzte „halbstarke“ Seehunde und von November bis Januar bringen die Kegelrobben ihre Jungen zur Welt. Während dieser Zeit werden regelmäßig auch Kegelrobben-Heuler hier versorgt.
Rund 30 Kilogramm wiegen die Seehunde, wenn sie ausgewildert werden. Im Durchschnitt verbringen die Jungtiere 65 Tage in der Seehundstation, die für das gesamte niedersächsische Wattenmeer zuständig ist. Seehunde sind Einzelgänger. Nun müssen sie auf sich gestellt das Leben in der Nordsee meistern. Übrigens, Seehunde sind reisefreudige Langstreckenschwimmer. In Norddeich aufgepäppelte Seehundbabys hat man an der französischen, der englischen, irischen und skandinavischen Küste gesichtet.
Die Station finanziert sich fast ausschließlich aus Eintrittsgeldern und Spenden – unterstützt wird die Arbeit durch viele ehrenamtliche Mitarbeiter.

Weitere Informationen:
Seehundstation Nationalparkhaus, Dürper Weg 24, 26506 Norden-Norddeich; Die Öffnungszeiten: Täglich von 10.oo bis 17.oo Uhr; Fütterung: 11.oo und 15.oo Uhr; derzeit sind die Corona-Bestimmungen (begrenzte Anzahl Besucher, Mund- und Nasenschutz zu beachten; die Ausstellung ist überwiegend barrierefrei; Hunde dürfen nicht mit in die Ausstellung genommen werden. In der Ausstellung bekommen Sie auch weiterführende Informationen zu Spenden- und Patenschaftsmöglichkeiten.
Besuch mal den Wal!
Nutzen Sie die Kombikarte und besuchen Sie neben der Seehundstation auch das Waloseum, das Wal-Erlebnis-Center mit seiner geheimnisvollen Unterwasserwelt der Wale und Delfine. Hier trifft man auf das Skelett eines Pottwals und erfährt, wie der riesige Meeressäuger ins Wattenmeer kommt. Darüber hinaus verzaubern die Gesänge der Buckelwale und vieles, vieles mehr……
Waloseum, Osterlooger Weg 3, 26506 Norden