Die jüdischen Gemeinden in Speyer, Worms und Mainz waren gemeinsam die Wiege des aschkenasischen Judentums und bildeten im Mittelalter ein einzigartiges Gemeindebündnis in Europa. In Speyer, Worms und Mainz diskutierten und lehrten wichtige jüdische Gelehrte aus West- und Mitteleuropa, hier entstanden vorbildgebende Synagogen, Frauen-Beträume und Ritualbäder, hier wurde der Grundstein für die aschkenasische Begräbniskultur gelegt.
Hier sangen gefeierte Kantorinnen in den Frauen-Beträumen und hier entstanden religiöse Rechtssatzungen, die bis heute diskutiert werden. In Worms nutzte die Gemeinde seit dem 14. Jahrhundert den reich illustrierten Wormser Machzor. In SchUM entstanden auch liturgische Gesänge, die auch in unserer Zeit - in aschkenasischen Gemeinden an den hohen Feiertagen gesungen werden.
Kreativität und Urbanität, Innovationskraft und Vorbild
SchUM ist in der jüdischen Erinnerung präsent und verweist auf die jahrhundertelange Tradition wie auch die Resilienz jüdischer Gemeinden inmitten der christlichen Umwelt. Wohl Ende Juli 2021 wird die UNESCO darüber entscheiden, ob die Monumente und mittelalterlichen Friedhöfe in SchUM Weltkulturerbe werden. Gleichzeitig arbeiten die drei Städte an einem Programm, das genau diese Innovationskraft aufgreifen möchte.
SchUM - Artist in Residence ist ein erstmalig 2021 ausgeschriebenes Projektstipendium, das internationale Kunstschaffende und Kreative aus den verschiedensten Disziplinen anregen soll, mehrere Wochen in den drei SchUM-Städten zu verbringen, zu leben und künstlerisch zu arbeiten. Angeboten werden die Stipendien zur Realisierung eines künstlerischen Vorhabens, das sich mit der Geschichte der SchUM-Gemeinden und ihrem religiösen, kulturellen und architektonischen Erbe kreativ auseinandersetzt und dadurch etwas Neues, Eigenes schafft. Jüdische Themen in ihrer Vielfalt können einfließen, erwünscht sind transkulturelle Begegnungen zwischen Kunstschaffenden aus allen Kulturen der Welt und den Menschen vor Ort.
Von Malerei über Fotografie, von Architektur bis zu Design, von Typografie bis zu Goldschmiedekunst, von Musik bis zu Literatur kann in SchUM 2021 alles entstehen. Die Stipendiaten erhalten in der Zeit ihres Aufenthalts einen wöchentlichen Unterhaltszuschuss, eine möblierte Unterkunft sowie ein Arbeitsatelier. Bewerbungen sind ab jetzt möglich.
Residenz im Rahmen der SchUM-Kulturtage und "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland"
Ein wesentliches Ziel des Residenzprogramms ist es, die Öffentlichkeit, Kinder und Jugendliche sowie lokale Kunstschaffende und Initiativen einzubeziehen und zu Diskursen anzuregen. Zahlreiche Veranstaltungen werden den Aufenthalt der Kunstschaffenden umrahmen, auch die SchUM-Kulturtage finden in diesem Zeitraum statt.
Die Künstlerresidenz ist eingebunden in das bundesweite Festjahr #2021JLID, das der Verein "321-2021: 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland e.V." mit seiner Geschäftsstelle in Köln organisiert und koordiniert. "Wir freuen uns sehr über den Beitrag der SchUM-Städte", würdigt Andrei Kovacs, der leitende Geschäftsführer aus Köln, die Idee als "Bereicherung des Festjahres". Dieses lebe von der starken regionalen Verankerung in ganz Deutschland, unterstreicht die Generalsekretärin des Vereins 321, Sylvia Löhrmann. "Das Judentum ist konstitutiv für Deutschland. Das wird mit diesem Projekt veranschaulicht und trägt dazu bei, möglichst viele Menschen konkret anzusprechen."
Auch das Land Rheinland-Pfalz hat eine Unterstützung des Projekts zugesichert:
Kulturminister Konrad Wolf: "Wir verfügen in Rheinland-Pfalz über ein mehrere Jahrhunderte altes, beeindruckendes jüdisches Erbe. Jüdinnen und Juden in Speyer, Worms und Mainz haben kulturelle Leistungen erbracht, die noch heute das Judentum prägen. Dieses Erbe ist sehr lebendig und inspiriert uns heute weiterhin. Das SchUM-Artist-in-Residence-Projekt ist eine sehr gelungene Möglichkeit, das außergewöhnliche kulturelle Erbe der SchUM-Städte innovativ und kreativ zu interpretieren und neue Wege in der Vermittlung und Präsentation des kulturellen Erbes zu gehen. Gern unterstützen wir diese Initiative mit einer Landesförderung."
Die künstlerische Leitung des Programms übernimmt der Mainzer Autor und Kurator Minas, über die Vergabe der Stipendien entscheidet ein international besetztes Fachgremium aus verschiedenen künstlerischen Disziplinen. Das Stipendium soll noch in 2021 angetreten werden, es werden bis zu drei Stipendien vergeben. Die Ausschreibung ist international.
Weitere Informationen zum Bewerbungsverfahren sowie die gesamte Ausschreibung auf den Internetseiten der Städte Mainz, Worms und Speyer.
Oberbürgermeister Michael Ebling, Landeshauptstadt Mainz: "Die enge Verknüpfung unserer Kulturregion in den drei rheinischen Städten, die auch auf der engen Verbindung unserer jüdischen Gemeinden seit mehr als 1000 Jahren fußt, wird mit dem "Artist in Residence-Stipendium" zeitgemäß und damit auch für die junge Generation interessant und greifbar. Ich freue mich auf spannende Begegnungen in SchUM."
Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler, Speyer: "Ich sehe großes Potenzial, mit dem erstmals ausgeschriebenen Artist-in-Residence-Programm an die ausgeprägte schöpferische Leistungskraft der drei mittelalterlichen SchUM-Gemeinden Speyer, Worms und Mainz anzuknüpfen. Die internationale Auseinandersetzung mit diesem Erbe kann neue Akzente setzen, wird wichtige Begegnungen schaffen und damit auch neue Perspektiven für die drei SchUM-Städte eröffnen."
Oberbürgermeister Adolf Kessel, Worms: "SchUM ist jüdisches Erbe für die Welt. Ein internationales Residenzprogramm spiegelt das in besonderer Weise wider, schafft transkulturellen Dialog und bereichert unsere Städte sowie unsere Kulturarbeit. Die Förderungen durch den Verein 321, den Bund und durch das Land Rheinland-Pfalz zeigen, welchen großen Stellenwert das Thema in Deutschland und darüber hinaus hat."
Schin (Sch) = SchPIRA = Speyer
Waw (U) = Warmaisa = Worms SchUM
Mem (M) = Magenza = Mainz