Von Klaus Stein
Wer Wolfram Gratz zum ersten Mal begegnet der spürt, da ist ein Mensch mit vielfältiger Lebenserfahrung. Das bestätigt sich, wenn der promovierte Betriebswirt seine Geschichte erzählt, denn der 57-Jährige hat mindestens zwei Leben. Der Saarländer studierte BWL und machte 1987 seinen Doktor mit einer Abhandlung über die Anpassungsfähigkeit ungarischer Unternehmen unter den Bedingungen der Planwirtschaft.

"Das war damals ein Thema, das niemand interessierte", bekennt er heute selbstkritisch. Welche Bedeutung das Thema für ihn bekommen sollte, und das gleich in mehrfacher Hinsicht, war damals nicht vorherzusehen.
Nur wenige Jahre später waren seine Erkenntnisse im Rahmen der Wende von der Planwirtschaft zur Marktwirtschaft plötzlich hoch aktuell. Als Berater war er am Aufbau einer Art ungarischer "Treuhandgesellschaft" beteiligt. Auch in Deutschland war Wolfram Gratz bei der Treuhand tätig, als Vertreter des bis Januar 1993 für die Privatisierung der Land- und Bauwirtschaft sowie von DDR-Außenhandelsbetrieben verantwortlichen Vorstands Günter Rexrodt, dem späteren Bundes-Wirtschaftsminister. Die Treuhandanstalt war von der vorletzten DDR-Regierung gegründet worden. Sie sollte die Umstrukturierung der ostdeutschen Wirtschaft im Rahmen der Wiedervereinigung organisieren und ist heute ein Teil der gesamtdeutschen Geschichte.
Nach seiner Treuhand-Zeit wurde Gratz Unternehmer und hat bis heute eine Baufirma. Aber wie das Leben so spielt, kaufte er ein Grundstück in Ungarn mitten im Nationalpark "Balaton", dem Plattensee, um darauf als Rückzugssort ein Ferienhaus zu bauen. "Da sagte die Nationalparkbehörde, ich dürfe nur dann dort bauen, wenn ich zwei Drittel des erworbenen Geländes mit Obstbäumen oder Reben bepflanze. Obstbäume kamen nicht infrage, wer soll das alles essen, also pflanzte ich 1999 die ersten 1.000 Reben."
Von Weinbau hatte der Betriebswirt allerdings wenig Ahnung. Die ersten Ergebnisse seiner Winzertätigkeit 2004 waren aber durchaus vorzeigbar. Die meist schon älteren Nachbarn kamen, um ihm zu gratulierten, boten ihm gleichzeitig ihre Weinäcker zum Kauf an, weshalb er heute eine geschlossene Fläche von 20.000 Quadratmetern bebaut. Da ihn als Saarländer mit französischer Verwandtschaft eine besondere Affinität zum Nachbarland verbindet, vertiefte er seine Kenntnisse über den Weinbau in Bordeaux, zumal der Boden in Ungarn dem in Bordeaux ähnelt.
Heute ist das Weingut Gratz ein registrierter Weinbau- und Kellereibetrieb, er selbst landwirtschaftlicher Fachwirt.
"Die Leidenschaft für den Wein, die Freude an gemeinsamer Arbeit und der Respekt vor der Natur , den Reben, dem Wein und den Menschen, verbindet uns über die Arbeit hinaus in gelebter Freundschaft." Mit dem Weinbau habe er auch sein Lebenskonzept geändert.
Inzwischen wohnt er mit seiner Lebensgefährtin Dorothee in Waldsee. Er fürhlt sich aber eher als Wahlspeyerer, hat sein Herz an die Domstadt verloren und spielt mit in der Theatergruppe "Dicke Luft".
Es ist fast wie "Eulen nach Athen" oder "Wasser in den Rhein" tragen, in jedem Fall sehr ambitioniert, dass Wolfram Gratz seinen in Ungarn erzeugten Wein in der Pfalz vertreibt. Aber der Erfolg macht ihm Mut, denn die Weine überzeugten selbst einen ursprünglichen Skeptiker wie den Weinexperten Dr. Rolf Klein, Inhaber der Weinkontors Pfalz in Speyer.
Kein Wunder, denn der Rotwein "Gratz X Cuvée 2017" gewann 2019 die Silbermedaille im renommierten Wettbewerb "Mundus Vini". Die Gratz-Weine überzeugten die internationale Fachjury, die mit 88 Punkten nur drei unter der Punktbestzahl von 91 lag. Mehr als 7.200 Weine waren zum Spring-Tasting eingereicht worden.
Auch auf dem weltgrößten Weinwettbewerb, der "austrian wine challenge" in Wien im Oktober 2019 mit 14.000 Bewerbern aus 42 Ländern, gewann er Gold mit dem Cuvée und Silber mit seinem Cabernet-Sauvignon. Damit kam er unter den besten 100 Weingüter weltweit.
Diese Qualität hat ihren Preis: Sich lieber einen richtig guten Wein gönnen als zwei Billigweine, so das Credo von Wolfram Gratz.
Wer sich von der Qualität der Gratz-Weine selbst überzeugen will, der hat am 14. und am 21.Dezember (Samstage vor dem 3.und 4.Advent) Gelegenheit dazu. Da können Weine im Foyer der Postgalerie Speyer verkostet und natürlich auch käuflich erwerben werden.
Ansonsten sind die Gratz-Weine im Weinkontor Pfalz am Königsplatz und im Weinkontor Schwarz in der Mühlturmstraße, aber auch über den Onlineshop erhältlich. (Foto: ks)

Info: Weingut Wolfram Gratz
Lerchenstr. 34
67165 Waldsee
Telefon: +49 (0) 62 36 6 98 18 83
Mobil: +49 (0)1 76 22 33 33 56
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www.weingut-gratz.de