Die Stadt Heidelberg setzt sich für ein vielfältiges Wohnungsangebot ein, das sich zudem an den finanziellen Möglichkeiten insbesondere von Haushalten mit mittleren und unteren Einkommen orientiert. Das ist eines der Ziele des 10-Punkte-Papiers zur Umsetzung des Handlungsprogramms Wohnen.
Dieses hat die Stadt Heidelberg aus der Wohnraumbedarfsanalyse 2035 sowie weiteren Untersuchungen abgeleitet. Dazu gehören unter anderem die Heidelberg-Studie Wohnen 2018, die Bevölkerungsvorausberechnung 2018 bis 2035 und der Wanderungsbericht. Der Stadtentwicklungs- und Verkehrsausschuss hat sich am Mittwoch, 1. Juli 2020, mit dem 10-Punkte-Papier befasst und dieses mehrheitlich beschlossen. In den Gemeinderat geht die Beschlussvorlage am Donnerstag, 23. Juli 2020.
Die Wohnraumbedarfsanalyse Heidelberg 2035, die ein Gutachterbüro aus Bonn erstellt hat, analysiert die Entwicklung des Wohnungsmarkts zwischen 2013 und 2017. Betrachtet werden Miet- und Eigentumswohnungen sowie Neubau- und Bestandswohnungen. Auf dieser Datengrundlage werden Aussagen zur zukünftigen Wohnraumentwicklung getroffen. Entscheidungsträgerinnen und -träger aus Politik und Verwaltung erhalten damit eine fundierte Informationsgrundlage.
"Die Anforderungen an das Angebot an bezahlbarem Wohnraum werden immer vielfältiger: Inzwischen haben auch Normalverdiener Schwierigkeiten, sich in Heidelberg angemessen mit Wohnraum zu versorgen. Das Gutachten unterstreicht die wichtige Versorgungsaufgabe, welche die Stadt Heidelberg über die städtische Wohnungsbaugesellschaft GGH bei der Versorgung breiter Gruppen der Bevölkerung mit Wohnraum übernimmt“, sagt Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck.
Die neue Wohnraumbedarfsanalyse lässt Leserinnen und Leser bis ins Jahr 2035 blicken. Eine Modellrechnung kommt basierend auf der Bevölkerungsvorausberechnung der Stadt Heidelberg zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Haushalte bis 2035 um 13.000 steigen wird. Der Großteil davon wird in der Bahnstadt und auf verschiedenen Konversionsflächen ein neues Zuhause finden. Die Analyse identifiziert drei Gruppen, die auf besondere Unterstützung angewiesen sind: junge Erwachsene in Ausbildung, Studium und Beruf, Haushalte mit Kindern sowie Senioren. Sowohl die Wohnungsgrößen als auch die Preisstrukturen sollten aufgrund der unterschiedlichen Anforderungen dieser Nachfragegruppen stark ausdifferenziert werden. Ein Großteil des Wohnungsneubaus wird nach der Wohnraumbedarfsanalyse auf den Geschosswohnbau und das Mietsegment entfallen.
Bei der Entwicklung von Beständen an preisgebundenem Wohnraum und geförderten Haushalten kann mit Blick auf 2035 von einer Trendwende gesprochen werden. Der Bestand wächst weiter: von 5.400 Wohnungen im Jahr 2017 auf über 6.000 Einheiten, da mehr preisgebundene Wohnungen gebaut und mehr Haushalte gefördert werden als Bindungen auslaufen. Darin enthalten ist der Neubau von über 1.000 Wohnungen. Noch nicht berücksichtigt ist das Patrick-Henry-Village. Dieses könnte den Bestand noch einmal erhöhen.
Aufbauend auf der Wohnraumanalyse hat die Stadt ein Maßnahmenpaket erarbeitet, das zehn Punkte zur Umsetzung des Handlungsprogramms Wohnen benennt. Die daraus abgeleiteten Ziele und Maßnahmen haben die Akteure des Dialogforums Wohnen im Januar 2020 kommentiert und ergänzt.
1. Vielfältiges Wohnungsangebot für alle
Die Stadt Heidelberg setzt sich für ein Wohnungsangebot ein, das den finanziellen Möglichkeiten insbesondere von Haushalten mit mittleren und niedrigen Einkommen entspricht. Junge Erwachsene, Familien und Senioren sollen besonders unterstützt werden. Als Maßnahmen sind auch experimentelle Modellvorhaben vorgesehen, beispielsweise gemeinschaftliches Wohnen, flächensparender und klimagerechter Wohnungsbau sowie Werks- und Mitarbeiterwohnungen.
2. Mehr Angebote für Starterhaushalte
In Zusammenarbeit mit Partnern, die kostengünstigen und flexibel nutzbaren Wohnraum bauen und vermieten, sowie durch Anreize für Vermieter, kostengünstige Wohnungen anzubieten, soll mehr Wohnraum für Studierende und Auszubildende entstehen.
3. Miet- und Eigentumswohnungen für Haushalte mit Kindern
Ziel ist, mehr Familien in Heidelberg zu halten. Dafür soll das Angebot an bezahlbarem Wohnraum mit mindestens vier Zimmern (auch als Kompaktwohnungen) ausgebaut werden. Ebenfalls ist geplant, Modellvorhaben für kostengünstiges Bauen zu initiieren.
4. Wohnsituation von Senioren verbessern
Viele Senioren leben allein oder zu zweit in großen Mietwohnungen. Diese sollen künftig neue altersgerechte und finanziell attraktive Wohnungen in ihrem Umfeld finden. Geprüft werden soll, ob eine Wohnungstauschbörse eingerichtet werden kann.
5. Einsatz kommunaler Steuerungsinstrumente
Wenn neues Baurecht im Quartiermaßstab geschaffen wird, sollen künftig die Interessen der wichtigsten Nachfragegruppen berücksichtigt werden. Ebenso können Bebauungspläne so geändert werden, dass zusätzlicher Wohnraum entsteht.
6. Aktive Liegenschaftspolitik
Die gemeinwohlorientierte Liegenschaftspolitik der Stadt Heidelberg wird fortgeführt und intensiviert. Grundstücke sollen weiter bevorzugt an Vorhabenträger vergeben werden, die langfristig bezahlbaren Wohnraum gewährleisten können. Außerdem plant die Stadt, gezielt Grundstücke anzukaufen und neue Bauflächen auch langfristig zu sichern.
7. Innenentwicklung: Neubau im Siedlungsbestand
Baulücken und Brachen sollen bebaut, Bestandsgebäude und ungenutzte Verkehrsflächen für zusätzlichen Wohnraum genutzt werden. Außerdem können Bebauungspläne für Aufstockungen und Dachgeschossausbauten angepasst werden und Ersatzneubauten entstehen. Leitbild ist die doppelte Innenentwicklung, welche neben der Schaffung von neuem Wohnraum im Siedlungsbestand auch die Aufwertung des Wohnumfeldes im Blick hat.
8. Stärkung der Gesellschaft für Grund- und Hausbesitz (GGH)
Die GGH ist der Garant für bezahlbaren Wohnraum, vor allem für Haushalte mit niedrigen und mittleren Einkommen. Diese Aufgabe soll weiter ausgebaut werden, unter anderen auch durch höhere Finanzmittel.
9. Enge Zusammenarbeit der Akteure des Wohnungsmarktes
Ein regelmäßiger Austausch aller Akteure im Zuge des Dialogforums Wohnen soll fortgesetzt werden. In diesen Dialogprozess sind neben Politik und Verwaltung auch externe Akteure wie Unternehmen, Wohnungsbaugesellschaften, Vertreter von Eigentümern, soziale Akteure sowie weitere mit dem Wohnen befasste Akteure einbezogen.
10. Initiativen in Region, Land und Bund
Die Zusammenarbeit in Region, Land und Bund soll ausgebaut werden. Ein Beispiel ist ein regionales Baulandprogramm mit den Umlandgemeinden sowie die Sicherung weiterer Fördermittel, die die Stadt für den Kauf von Grundstücken verwenden kann.
Die Aktivitäten der Wohnraumoffensive der Stadt Heidelberg einschließlich der neuen Wohnraumbedarfsanalyse sind im Internet unter www.heidelberg.de/wohnen zu finden.