Gemäß §§ 16, 28 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 10.02.2020 i.V.m. § 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Infektionsschutzgesetzes vom 10.03.2010 i.V. m. dem Erlass des Ministeriums für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie vom 16.03.2020.
Die Stadt Speyer als zuständige Behörde hebt die derzeitige Allgemeinverfügung vom 16.03.2020 zum Betreten von Pflegeeinrichtungen und Altenheimen, veröffentlicht im Amtsblatt Nr. 012-2020 vom 17.03.2020, auf und erlässt folgende
Allgemeinverfügung
das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Es muss alles dafür getan werden, eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Deshalb sind erhöhte Schutzmaßnahmen für vorerkrankte, ältere und im weitesten Sinne pflegebedürftige Menschen notwendig.
Nach § 28 Absatz 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:
1. Besucherinnen und Besucher, die Kontaktpersonen der Kategorien I und II entsprechend der Definition durch das Robert Koch-Institut (RKI) sind oder bereits infiziert sind oder die sich in einem Gebiet aufgehalten haben, das vom RKI im Zeitpunkt des Aufenthalts als Risikogebiet ausgewiesen war oder innerhalb von 14 Tagen danach als solches ausgewiesen worden ist und die sich nicht bereits mindestens 14 Tage außerhalb eines Risikogebietes aufgehalten haben, dürfen folgende Einrichtungen nicht betreten:
a) Einrichtungen nach § 23 Abs. 3 Nr. 1 und 3 bis 7 sowie § 36 Abs. 1 Nr. 2 IfSG(insbesondere auch Hospize), b) vollstationäre Einrichtungen der Pflege gem. § 71 Abs. 2 des Elften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI),
c) Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen im Sinne des § 2 Abs. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX), in denen Leistungen der Eingliederungshilfe über Tag und Nacht erbracht werden, d) betreute Wohngruppen für pflegebedürftige volljährige Menschen nach § 5 Satz 1 Nr. 1 LWTG, e) betreute Wohngruppen für Menschen mit Behinderungen und mit Vorerkrankungen nach § 5 Satz 1 Nr. 1 LWTG, f) betreute Wohngruppen nach § 5 Satz 1 Nr. 2 LWTG für Menschen mit Intensivpflegebedarf oder schweren kognitiven Einschränkungen, g) betreute Wohngruppen nach § 5 Satz 1 Nr. 3 LWTG für Menschen mit Behinderungen und mit Vorerkrankungen, h) Wohneinrichtungen für ältere Menschen nach § 5 Satz 1 Nr. 4 LWTG, i) Einrichtungen der Kurzzeitpflege nach § 5 Satz 1 Nr. 6 LWTG und j) Einrichtungen nach § 5 Nr. 7 LWTG, die einem unter lit. d) bis i) beschriebenen Wohnangebote entsprechen.
Die in Satz 1 lit. a) bis j) genannten Wohngruppen und Einrichtungen werden im Folgenden auch als „Einrichtungen“ bezeichnet.
Die Definition der Kontaktpersonen der Kategorien I und II ist unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/ Management.html abrufbar.
Infizierte Personen sind solche, bei denen die Infektion durch einen Test nachgewiesen wurde.
Die jeweils geltenden Risikogebiete sind unter www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogebiete.html tagesaktuell abrufbar. Eine kurzzeitige Anwesenheit, z. B. im Rahmen einer Durchreise, gilt nicht als Aufenthalt nach Satz 1, selbst wenn es dabei etwa bei einem Tankvorgang, einer Kaffeepause oder einem Toilettengang zu einem kurzzeitigen Kontakt mit der dortigen Bevölkerung gekommen ist.
Jede Patientin, jeder Patient, Bewohnerin, Bewohner oder Betreute einer Einrichtung im Sinne dieses Erlasses darf nur eine Besucherin oder einen Besucher, die nicht zu dem in Nr. 1, Satz 1, 1. Halbsatz genannten Personenkreis zählen, pro Tag für je eine Stunde empfangen. Dies gilt nicht für Kinder unter 16 Jahren sowie für Menschen mit erkennbaren Atemwegsinfektionen.
2. Die Einrichtungen können, ggf. auch unter Auflagen, Ausnahmen zulassen, wenn ein besonderes berechtigtes Interesse vorliegt. Sofern Ausnahmen zugelassen werden, muss dennoch durch entsprechende Maßnahmen sichergestellt werden, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie andere Personen in den jeweiligen Einrichtungen nicht gefährdet werden.
3. Auf die Bußgeldvorschrift des § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG sowie die Strafvorschrift des § 74 IfSG wird hingewiesen.
4. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben und tritt mit ihrer Bekanntgabe in Kraft.
Begründung
Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 hat sich in kurzer Zeit weltweit verbreitet. Es muss alles dafür getan werden, eine weitere Ausbreitung zu verhindern. Deshalb sind erhöhte Schutzmaßnahmen für vorerkrankte, ältere und im weitesten Sinne pflegebedürftige Menschen notwendig. Diese Anordnung ist gemäß § 28 Abs. 3 in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG sofort vollziehbar. Zur Begründung im Einzelnen:
Zu Nr. 1: Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde die notwendigen Schutzmaßnahmen, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden oder es sich ergibt, dass ein Verstorbener krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider war, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.
Für reiserückkehrende Besucherinnen und Besucher aus Risikogebieten wird für den durch die Inkubationszeit definierten Zeitraum von 14 Tagen nach Ankunft aus einem der fraglichen Gebiete und für Besucherinnen und Besucher, die Kontaktpersonen der Kategorien I und II sind, ein Verbot zum Betreten der in den Buchstaben a) bis j) definierten Einrichtungen ausgesprochen. Bereits infizierte Personen dürfen die unter Buchstaben a) - j) genannten Einrichtungen erst dann wieder betreten, wenn der Wegfall der Erkrankung ärztlich bestätigt wurde.
Kontaktpersonen der Kategorien I und II sind Personen mit einem Kontakt zu einem bestätigten Fall von COVID-19 ab dem 2. Tag vor Auftreten der ersten Symptome bei
diesem Fall nach der Definition des RKI. Ihnen wird grundsätzlich nahegelegt, Kontakte zu anderen Personen zu meiden. Damit die medizinische Versorgung weiterhin gewährleistet werden kann, gilt das Verbot nur für Kontaktpersonen, die Besucherinnen und Besucher sind. Risikogebiete sind Gebiete, in denen eine fortgesetzte Übertragung von Mensch zu Mensch vermutet werden kann. Um dies festzulegen, verwendet das RKI verschiedene Indikatoren (u. a. Erkrankungshäufigkeit, Dynamik der Fallzahlen). In den durch das RKI festgestellten Risikogebieten besteht eine allgemein wesentlich erhöhte Infektionsgefahr, so dass Personen, die sich dort aufhielten, als ansteckungsverdächtig anzusehen sind. Es ist auf die aktuelle Einstufung abzustellen. Es kommt nicht darauf an, dass diese Einschätzung bereits zum Zeitpunkt des Aufenthalts in einem im Sinne der Nr. 1 beschriebenen Gebietes vom RKI festgestellt worden ist.
Kein Aufenthalt im Sinne der Ziffer 1 dieser Verfügung wird bei kurzzeitiger Anwesenheit in einem Risikogebiet außerhalb einer geschützten Umgebung (etwa im eigenen Kfz) angenommen, selbst wenn hiermit Kontakte mit der einheimischen Bevölkerung verbunden waren. Als kurzzeitig gelten etwa Zwischenstopps auf der Durchreise von bis zu 15 Minuten Dauer, wie sie in der Regel bei einem bloßen Toilettengang, einem Tankvorgang oder einer üblichen Kaffeepause im Rahmen der Durchreise gegeben sein können.
Aktuell erhöhen sich täglich die Zahlen derer, die nachweislich am neuen Coronavirus SARS-CoV-2 erkrankt sind und auch die Zahl der begründeten Verdachtsfälle steigt an. Es ist daher davon auszugehen, dass die zugrundeliegenden Infektionsketten weit verzweigt sind und es auch eine größere Zahl infizierter Personen gibt, die asymptomatisch sind, da man eine Ansteckung oft gar nicht bemerkt, weil diese ohne Symptome verläuft. Die häufigen Symptome können auch für eine Erkältung oder einen grippalen Infekt gehalten werden. Es ist daher möglich, dass Besucherinnen und Besucher, die gar nicht wissen, dass sie krank sind oder ihre Symptome nicht in den Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bringen bzw. verharmlosen, besonders vulnerable Personen anstecken können.
Die Beachtung allgemeiner Hygieneregeln ist bei dem erheblich gefährdeten Personenkreis in den betroffenen medizinischen Einrichtungen und vollstationären Einrichtungen der Pflege und für Personen mit Behinderungen nicht ausreichend und kann zudem leicht missachtet werden.
Es besteht damit eine konkrete Gefahr für diesen Personenkreis, durch Besucherinnen und Besucher angesteckt zu werden. Bei unbeschränktem Zugang von Besucherinnen und Besuchern würden bei dem aktuell erhöhten Risiko, dass die Besucher an dem Coronavirus SARS-CoV-2 erkrankt sind, mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine Verletzung eines geschützten Rechtsguts, hier die Gesundheit bzw. das Leben von deutlich gefährdeten Personengruppen, geschehen, wenn weiterhin ohne Beschränkungen alle Besucherinnen und Besucher zugelassen werden. Die Verbreitung des Virus würde zudem vorangetrieben werden.
Um einen möglichst umfassenden Schutz zu gewährleisten, darf jede Patientin, jeder Patient, Bewohnerin, Bewohner oder Betreute nur eine Besucherin oder einen Besucher, die nicht zu dem in Nr. 1, Satz 1, 1. Halbsatz genannten Personenkreis zählen, pro Tag für je eine Stunde empfangen.
Zu Nr. 1 Buchst. a): In den voll- und teilstationären medizinischen Einrichtungen werden vielfach Personen betreut, die durch eine Infektion mit dem neuen Erreger in besonders schwerer Weise gesundheitlich gefährdet wären. Zum Schutz dieser besonders vulnerablen Personengruppen stellt die Beschränkung des Zugangs eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme dar. Neben der Vermeidung von Einträgen des Erregers wird auch die medizinische Versorgung unterstützt. Das Erkrankungsrisiko des betreuenden und medizinischen Personals wird verringert. Dadurch tragen die Maßnahmen für die erfassten medizinischen Einrichtungen auch zur Aufrechterhaltung der Versorgungskapazitäten bei.
Zu Nr. 1 Buchst. b): Es gelten dieselben Überlegungen wie zu Buchst. a). Hinzu kommt folgender Faktor: In vollstationären Einrichtungen der Pflege werden vielfach ältere Personen betreut, die zu den Risikogruppen gehören und durch eine Infektion mit dem neuen Erreger in besonders schwerer Weise gesundheitlich gefährdet wären.
Zu Nr. 1 Buchst. c): Es gelten dieselben Überlegungen wie zu Buchst. a) und b). Auch in vollstationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen werden vielfach Personen betreut, die durch eine Infektion mit dem neuen Erreger in besonders schwerer Weise gesundheitlich gefährdet wären. Eine Definition der Risikogruppe finden Sie unter:
https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html
Zu Nr.1 Buchst. d) -g) In betreuten Wohngruppen werden vielfach Personen betreut, die durch eine Infektion mit dem neuen Erreger in besonders schwerer Weise gesundheitlich gefährdet sind. Zum Schutz dieser besonders vulnerablen Personengruppen stellt die Beschränkung des Zugangs eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme dar. Neben der Vermeidung von Einträgen des Erregers wird auch die medizinische Versorgung unterstützt. Das Erkrankungsrisiko des betreuenden und medizinischen Personals wird verringert. Dadurch tragen die Maßnahmen für die erfassten medizinischen und pflegerischen Einrichtungen auch zur Aufrechterhaltung der Versorgungskapazitäten bei. Bei Menschen mit Behinderungen ist nicht jeder Personenkreis betroffen, sondern. lediglich die, die zu dem vulnerablen Personenkreis gehören. Eine Definition dieses Personenkreises ist hier abzurufen: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikogruppen.html
Zu Nr.1 Buchst. h) und i) Dieser Personenkreis ist mit dem Personenkreis unter Buchst.b.) vergleichbar.
Der Personenkreis unter Buchstabe h) unterscheidet sich oftmals nicht von dem Personenkreis in vollstationären Einrichtungen. Ausschlaggebend für die Einordnung ist die vertragliche Konstruktion des Trägers, die eine höhere Wahlfreiheit der Bewohnerinnen und Bewohner zulässt.
Der Personenkreis unter Buchst. i) unterscheidet sich lediglich durch Aufenthaltsdauer von dem des Buchst. b). Da die Aufenthaltsdauer aber bis zu drei Monaten betragen kann, ist die Gefährdungslage dieses Personenkreises vergleichbar.
Zu Nr.1 Buchst. j) Die Wohnangebote der Auffangnorm nach dem LWTG kann auch von einem Personenkreis bewohnt werden, der vulnerabel im Sinne der Definition der Buchst. d) - g) ist. Daher muss für diesen Personenkreis ebenfalls ein erhöhter Schutzbedarf gelten.
Zu Nr. 2:
Um besonderen Situationen, z. B. bei Kindern, im Notfall, in palliativen Situationen oder in der Versorgung von Sterbenden, Rechnung tragen zu können, können die Einrichtungen Ausnahmen zulassen. Hierbei können sie Auflagen besonders hinsichtlich Hygiene oder Besuchszeiten zulassen. Diese müssen sicherstellen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie andere Personen in den jeweiligen Einrichtungen nicht gefährdet werden.
Die Kreisordnungsbehörde ist nach § 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Infektionsschutzgesetzes (GVBl. 2010, 55) die zuständige Behörde im Sinne des IfSG und nach § 28 Absatz 1 Satz 1 IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständig.
Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 28 Absatz 3 IfSG in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG. Rechtsbehelfe haben somit keine aufschiebende Wirkung.
Zu Nr. 3: Zuwiderhandlungen sind als Ordnungswidrigkeiten mit einer Geldbuße bis zu 25.000 Euro bewehrt (§ 73 Abs. 1a Nr. 6 und Abs. 2 IfSG) und bei vorsätzlicher Handlung und dadurch der Verbreitung des Erregers gemäß § 74 IfSG mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bewehrt. Die Anordnung stellt eine Maßnahme nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG dar.
Zu Nr. 4: Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§ 1 Absatz 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (GVBl. 1976, 308) in Verbindung mit § 41 Absatz 4 Satz 4 VwVfG). Sie ist nicht befristet, wird aber bei entsprechender erneuter Risikoeinschätzung ganz oder teilweise aufgehoben.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach öffentlicher Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadtverwaltung Speyer (Postanschrift: Maximilianstraße 100, 67346 Speyer) zu erheben.
Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument, versehen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Vertrauensdienstegesetz (VDG) vom 18.07.2017 (BGBl. I S. 2745), in der jeweils geltenden Fassung, an folgende Mailadresse zu richten: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!.
Bei der Verwendung der elektronischen Form sind besondere technische Rahmenbedingungen zu beachten. Nähere Einzelheiten dazu finden Sie im Internet unter www.speyer.de ? Impressum ? Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikation.
Speyer, 18.03.2020 Stadtverwaltung Speyer
Stefanie Seiler Oberbürgermeisterin