Nach § 28 Absatz 1 Satz 1 Infektionsschutzgesetz (IfSG) wird folgende Allgemeinverfügung erlassen:
1. Für den Publikumsverkehr zu schließen sind: a) alle Bars, Clubs, Discotheken, Kneipen, Shisha-Bars, Cafés, Eis-Cafés/-Dielen und ähnliche Einrichtungen, b) Theater, Opern, Konzerthäuser, Museen und ähnliche Einrichtungen, c) Messen, Ausstellungen, Kinos, Freizeit- und Tierparks und Anbieter von Freizeitaktivitäten (drinnen und draußen).
Außerdem Spezialmärkte, Spielhallen, Spielbanken, Wettannahmestellen und ähnliche Einrichtungen, d) Prostitutionsstätten, Bordelle und ähnliche Einrichtungen, e) der Sportbetrieb auf und in allen öffentlichen und privaten Sportanlagen, Schwimm- und Spaßbäder, Fitnessstudios, Saunen und ähnliche Einrichtungen, f) Verkaufsstellen des Einzelhandels, insbesondere Outlet-Center, g) Kosmetik- und Nagelstudios, Tattoostudios, Solarien, nicht-medizinsche Massagebetriebe sowie Friseurbetriebe und ähnliche Einrichtungen, h) Spielplätze.
2. Diese Regelung gilt nicht für Einzelhandelsbetriebe für Lebensmittel, Wochenmärkte, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Tankstellen, Banken und Sparkassen, Poststellen, Reinigungen, Waschsalons, Zeitungsverkauf, Bau-, Gartenbau- und Tierbedarfsmärkte und der Großhandel.
Die Öffnung dieser Einrichtungen und Betriebe ist nur unter Einhaltung folgender Auflagen zulässig: a) Es sind geeignete infektionshygienische Maßnahmen durchzuführen, um eine Übertragung von Mensch zu Mensch zu reduzieren. b) Es dürfen sich zur gleichen Zeit nur so viele Personen in dem Betrieb aufhalten, dass unter Berücksichtigung der Gesamtgröße ein Mindestabstand von 1,50 Meter zwischen den Personen eingehalten werden kann. c) Bei der Erbringung von Dienstleistungen ist sicherzustellen, dass zwischen den Gästen und Besucherinnen/Besuchern ein Mindestabstand von 1,50 Meter sichergestellt ist, soweit die Art der zugelassenen Dienstleistung dies ermöglicht. d) Es ist durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass sich keine Warteschlangen von jeweils mehr als 10 Personen bilden.
Alle Einrichtungen des Gesundheitswesens bleiben unter Beachtung der hygienischen Anforderungen geöffnet.
3. Der Zugang zu Mensen, Restaurants, Speisegaststätten und Hotels ist zu beschränken und nur unter der Auflage zulässig, dass Hygienevorschriften eingehalten und Hinweise ausgehängt werden, die Besucherzahl reglementiert wird und Abstände zwischen den Tischen 2 Meter betragen. Es dürfen höchstens vier Personen gleichzeitig an einem Tisch bewirtet werden. Die Öffnungszeiten von Restaurants und Speisegaststätten werden auf 6:00 Uhr bis 18:00 Uhr begrenzt.
4. Übernachtungsangebote im Hotelgewerbe sind nur zu notwendigen und ausdrücklich nicht zu touristischen Zwecken zulässig.
5. Verboten sind a) Zusammenkünfte in Vereinen, sonstigen Sport- und Freizeiteinrichtungen sowie die Wahrnehmung von Angeboten in Volkshochschulen, Musikschulen und sonstigen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen im außerschulischen Bereich sowie Reisebusreisen, b) Zusammenkünfte in Kirchen, Moscheen, Synagogen und die Zusammenkünfte anderer Glaubensgemeinschaften.
6. Veranstaltungen sind untersagt. Ein Ausnahmevorbehalt ist nicht zulässig.
7. Durch diese Verfügung wird die Allgemeinverfügung vom 17.03.2020 – veröffentlicht am 17.03.2020 im Amtsblatt der Stadt Speyer Nr. 13/2020 vom 17.03.2020 – ersetzt.
8. Die Maßnahmen nach Ziff. 1 bis 6 gelten ab 19. März 2020, 0:00 Uhr.
9. Auf die Bußgeldvorschrift des § 73 Abs. 1a Nr. 6 IfSG sowie die Strafvorschrift des § 74 IfSG wird hingewiesen.
10. Diese Allgemeinverfügung gilt am Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben und tritt mit ihrer Bekanntgabe in Kraft.
11. Die Maßnahmen sind bis 19. April 2020 befristet.
Begründung
Vor dem Hintergrund der weiter steigenden Infektionszahlen in den vergangenen Tagen und der sehr dynamischen Entwicklung ist es erforderlich, weitere kontaktreduzierende Maßnahmen zu ergreifen, um die Ausbreitungsdynamik zu unterbrechen. Die Maßnahmen des Erlasses sind zu einer weiteren Verzögerung der Infektionsdynamik beizutragen.
Die Kreisordnungsbehörden haben als zuständige Behörde im Sinne des Infektionsschutzgesetzes dafür Sorge zu tragen, dass notwendige Schutzmaßnahmen zur Bekämpfung von SARS-CoV-2 getroffen werden.
Durch den vorherrschenden Übertragungsweg von SARS-CoV-2 über Tröpfchen, z.B. durch Husten, Niesen, und durch teils mild erkrankte oder auch asymptomatisch infizierte Personen kann es zu Übertragungen von Mensch-zu-Mensch kommen. Rheinland-Pfalz grenzt an mehrere Risikogebiete bzw. besonders betroffene Gebiete (im Norden Kreis Heinsberg, Nordrhein-Westfalen, im Süden an das Departement Grand Est), in denen die Krankheit besonders häufig auftritt.
Bei größeren Menschenansammlungen lässt sich die Gefahr einer Virusübertragung angesichts des aktuellen Verlaufs an Infektionen mit SARS-CoV-2 nicht sicher beurteilen.
Dafür spricht die heterogene, nicht vollständig zu überblickende Zusammensetzung und Herkunft der Teilnehmenden sowie die bei solchen Menschenansammlungen regelmäßig zu befürchtende Durchmischung und Nähe der Teilnehmenden. Darüber hinaus wird bei einer höheren Teilnehmerzahl eine vollständige und zuverlässige Erfassung der für eine etwaige Rückverfolgung der Teilnehmenden notwendigen persönlichen Daten schwer zu gewährleisten sein.
Zu Ziff. 1 - 5
Die Maßnahmen sind erforderlich, da damit zu rechnen ist, dass hier eine Vielzahl von Menschen aufeinandertrifft und eine weitere Übertragung der Krankheit ermöglicht wird.
Um die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten, ist es erforderlich, dass die in Ziffer 2 genannten Einrichtungen geöffnet bleiben. Dabei soll der Aufenthalt zur Deckung des dringenden oder täglichen Bedarfs ermöglicht werden.
Zu Ziff. 6
Regelmäßig werden auf größeren Veranstaltungen auch vulnerable Gruppen (insbesondere ältere Menschen, Menschen mit Vorerkrankungen oder geschwächtem Immunsystem) in nicht unerheblicher Zahl zu erwarten sein. Ebenso kann nicht sicher gewährleistet werden, dass insbesondere die notwendigen Hygieneanforderungen durchweg eingehalten werden, selbst wenn diese im Vorfeld der Veranstaltung dem Veranstalter im Wege der Auflage aufgegeben wurden.
Es erscheint daher sachgerecht, von einer Durchführung von Veranstaltungen abzusehen.
Der Veranstaltungsbegriff ist dabei grundsätzlich weit zu fassen. Er umfasst sämtliche öffentliche und nicht-öffentliche Ansammlungen von Menschen an einem gemeinsamen Ort. Der Erlass bezieht sich auch auf sonstige Ansammlungen einer größeren Anzahl von Menschen. Hierunter fallen auch Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz.
Gemäß der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 14/2530) ermöglicht § 28 Abs. 1 IfSG die Anordnung von Maßnahmen gegenüber einzelnen wie mehreren Personen. Bei Menschenansammlungen können Krankheitserreger besonders leicht übertragen werden. Deshalb ist hier die Einschränkung von Freiheitsrechten in speziellen Fällen gerechtfertigt.
Aus Gründen der Verhältnismäßigkeit ist die Allgemeinverfügung zeitlich befristet.
Die Kreisordnungsbehörde ist nach § 2 der Landesverordnung zur Durchführung des Infektionsschutzgesetzes (GVBl. 2010, 55) die zuständige Behörde im Sinne des IfSG und nach § 28 Absatz 1 Satz 2 IfSG für den Erlass von Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten zuständig.
Die Allgemeinverfügung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar nach § 28 Absatz 3 IfSG in Verbindung mit § 16 Absatz 8 IfSG. Rechtsbehelfe haben somit keine aufschiebende Wirkung.
Die Allgemeinverfügung gilt einen Tag nach ihrer Veröffentlichung als bekannt gegeben (§ 1 Absatz 1 Landesverwaltungsverfahrensgesetz (GVBl. 1976, 308) in Verbindung mit § 41 Absatz 4 Satz 4 VwVfG).
Hinweis:
Gemäß § 28 Abs. 3 IfSG in Verbindung mit § 16 Abs. 8 IfSG haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die verfügten Maßnahmen keine aufschiebende Wirkung.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diese Allgemeinverfügung kann innerhalb eines Monats nach öffentlicher Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift bei der Stadtverwaltung Speyer (Postanschrift: Maximilianstraße 100, 67346 Speyer) zu erheben.
Die Schriftform kann durch die elektronische Form ersetzt werden. In diesem Fall ist das elektronische Dokument, versehen mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Vertrauensdienstegesetz (VDG) vom 18.07.2017 (BGBl. I S. 2745), in der jeweils geltenden Fassung, an folgende Mailadresse zu richten: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Bei der Verwendung der elektronischen Form sind besondere technische Rahmenbedingungen zu beachten. Nähere Einzelheiten dazu finden Sie im Internet unter www.speyer.de ? Impressum ? Rahmenbedingungen für elektronische Kommunikation.
Speyer, 18.03.2020 Stadtverwaltung Speyer
Stefanie Seiler Oberbürgermeisterin