Von Klaus Stein
Was läuft bei der sogenannten "Reithalle" auf dem Normand-Gelände? Dieses Relikt aus der Zeit, als das Areal im Süden der Stadt noch eine Kaserne war, ist seit mindestens einem Jahrzehnt ein heikles kommunalpolitisches Thema. Immer wieder wurde nach einer möglichen Nutzung gesucht.

Vor allen für die Speyerer Wählergruppe (SWG) und deren ehemaligem Fraktionsvorsitzenden Martin Roßkopf wurde diese Immobilie so etwas wie eine Herzensangelegenheit. So mancher andere Speyerer hätte wohl nichts dagegen gehabt, wenn aus "Versehen" ein Bagger dagegen gefahren wäre. So wurde das Objekt unter Denkmalschutz gestellt, was ein Nutzungskonzept nicht einfacher machte, zumal eine Sanierung ohnehin sehr aufwändig ist. Inzwischen sind auf dem Normand-Gelände in der Nachbarschaft der "Reithalle" zahlreiche Wohnungen gebaut worden.
Fast aus Verzweiflung hat sich die Stadt entschlossen, die Reithalle und das dazugehörige Gelände zu verkaufen. Nachdem Ende November 2019 (bitte das Datum beachten) der für Immobilienverkäufe zuständige Hauptausschuss von der Verwaltung informiert wurde, dass sie eine Anzeige als Ausschreibung schalten wolle, wurde das im Januar 2020 in die Tat umgesetzt.
Bis Ende Februar 2020, dem Ablaufdatum der Abgabefrist, seien laut der persönlichen Referentin der Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler, Jennifer Braun, vier Angebote eingegangen, wie diese auf Anfrage mitteilt. Folgerichtig sollte im März, noch vor den Corona-Einschränkungen, der Bau- und Planungsausschuss im nicht öffentlichen Teil der Sitzung über das Ergebnis informiert werden. Ohne Angabe von Gründen wurde dieser Tagesordnungspunkt von der Verwaltung abgesetzt.
speyer-info hat Mitte Juni bei der Stadt nachgefragt, wann das Projekt "Reithalle" in den zuständigen Gremien behandelt werde, denn die Ausschüsse tagten wieder. Jennifer Braun konnte keinen konkreten Termin nennen, schob die Verzögerung auf "Corona", das derzeit für alles als Ausrede herhalten muss. Man wolle aber den Bietern die Gelegenheit geben, ihre Konzepte vorzutragen.
Wieder verging ein Monat, es war ein halbes Jahr nach der Ausschreibung, als einer der Bieter, Dr. Wolfram Gratz, von der städtischen Immobilienverwaltung ein Schreiben bekam mit dem Inhalt, dass eine Entscheidung gefallen und sein Angebot aussortiert worden sei, es nicht berücksichtigt werde. Begründet wurde es damit, dass er sich nicht an die Vorgaben der Ausschreibung gehalten habe, denn der bei ihm vorgesehene Wohnbau (im gesetzlichen Abstand neben der Reithalle - red.) sei nicht gewollt.
Dr. Gratz, der einer der erfahrensten Fachleute in Deutschland ist, wenn es um die Nutzung problematischer Immobilien geht, hat er doch 30 Jahre lang bayrische Kommunen in solchen Dingen beraten, widerspricht vehement, dass man sich nicht an die Vorgaben der Ausschreibung gehalten habe.
Er wandte sich an unsere Zeitung, worauf wir eine Reihe von Fragen an die Stadt stellten. Das wurde dann zu einem regelrechten Verwirrspiel.
Während Frau Braun im Juni allgemein davon sprach, dass die Anbieter ihre Konzepte vorstellen sollen, hieß es jetzt, "nur die verbliebenen" dürften das.
Auf die Frage, warum nicht alle Angebote, es waren ja nur vier, den Gremien vorgelegt werde sollen, kam als Antwort, das sei geschehen und der Hauptausschuss habe dem zugestimmt. Wir hakten nach und wollten wissen, wann dies geschehen sei, denn von uns befragte Ausschussmitglieder konnten sich nicht daran erinnern, wurde auf die Sitzung vom November 2019 verwiesen. Da steht im Sitzungsprotokoll nur lapidar: "Verkauf des Gebäudes Else-Krieg-Straße 1 (ehem. sogenannte Reithalle) - Information über Ausschreibung: Der Haupt- und Stiftungsausschuss nimmt die Information zur Kenntnis." Wohlgemerkt betraf das nur die geplante Ausschreibung, denn Angebote lagen ja erst Ende Februar 2020 vor. Von irgendeiner Zustimmung kann nicht die Rede sein.
Wieso plötzlich in Speyer Wohnungsbau auf dem 2.900 Quadratmeter großen Gelände trotz Wohnungsmangels nicht erwünscht ist, konnte auch nicht schlüssig erklärt werden. In diesem Zusammenhang wurde immer der Begriff "Anbau" verwendet. Zur Erinnerung: Auf dem Gelände herrscht Baurecht, der Bau sollte einen Mindestabstand von sechs Metern haben und nicht an die Reithalle angebaut werden. In der Ausschreibung steht wörtlch: "Anbauten sind nur bedingt möglich", aber nicht ausgeschlossen.
Auf den Vorhalt, dass in der letzten Bauausschusssitzung alle Angebote zu einer Fußgängerbrücke vorgestellt wurden, obwohl nur eines die Ausschreibungskriterien erfüllt habe, wurde das damit begründet, die Reithalle sei keine öffentliche Ausschreibung gewesen sondern ein "privates Inserat" der Stadtverwaltung.
"Der Stadtrat entscheidet nach nach Vorstellung ALLER Konzepte über den Verkauf", heißt es ausdrücklich im Ausschreibungsinserat. (Foto: ks)