In einer Pressemeldung nimmt das Bündnis für Demokratie und Zivilcourage Speyer Stellung zu Aussagen des örtlichen AfD-Vorsitzenden Benjamin Haupt: »Am 7. Juni 2019 teilte Benjamin Haupt, der Vorsitzende der AfD Speyer und Neumitglied des Speyerer Stadtrates, auf seinem Facebookprofil einen Artikel von Spiegel Online und schrieb dazu: "Der Duft von vorzeitigen Neuwahlen zieht durchs Land und wir von der AfD sind gerüstet."
Mehrere Sympathisant*innen der Alternative für Deutschland diskutierten Haupts Posting und verliehen ihrer Sorge Ausdruck, dass die Grünen bei Neuwahlen an die Regierung kommen könnten. Eine Facebookfreundin von Haupt schrieb: "Wir können nur den Kopf einziehen und hoffen, dass es nicht allzu desaströs werden (sic) wird, wenn die Grünen an die Macht kommen. Wirschaftlicher Zusammenbruch, Krieg, Enteignung ..."
Dies kommentierte Haupt wie folgt: "Wenn alles vorüber ist und die Sachlage wieder klar sollte man die Gerichtsräume für die 2Runde in Nürnberg nutzen. Kein Vergeben und Vergessen den Marrodören (sic)!" Wenige Tage nach seiner Wahl in den Speyerer Stadtrat fordert Benjamin Haupt also eine Neuauflage der Nürnberger Prozesse von 1945-49. Man muss seinen Kommentar so interpretieren, dass er Mitglieder und Politiker*innen der Grünen mit hochrangigen Nazis vergleicht, die er vor ein Militärtribunal stellen will, um sie als Kriegsverbrecher jahrelang einzusperren oder gar mit dem Strang hinzurichten. Haupts Formulierung "die 2Runde in Nürnberg" ist nicht nur eine Drohung, sondern auch ein Hinweis, wie sehr die nach außen bieder auftretende AfD mittlerweile mit der rechtsradikalen Szene verwoben ist. Haupts Wortwahl weist auffällige Ähnlichkeiten zu Formulierungen auf der rechtsextremen Website "Nürnberg 2.0" auf. Schwarze Listen für politische Gegner Auf der Website des "Projekts Nürnberg 2.0 Deutschland" sammeln Rechtsextreme die Namen ihrer politischen Gegner. Nürnberg 2.0 erklärt hierzu: "Die Schwarze Liste des Projekts Nürnberg 2.0 führt Firmen, Organisationen und Einzelpersonen namentlich oder vorläufig mit Fotos auf, die sich an der Islamisierung, der Entdemokratisierung, der Umvolkung Deutschlands direkt oder indirekt beteiligen und für deren Verantwortliche oder Unterstützer noch keine Akten angelegt wurden. Darunter fallen auch die Einzelpersonen, die jene Menschen behindern, diffamieren und denunzieren, welche sich patriotisch für Deutschland und dem Deutschen Volk einsetzen. Die Nutznießer, Profiteure und Helfershelfer der gegenwärtigen deutschfeindlichen, volksverräterischen Politik werden hier mit der ersten Registrierung veröffentlicht, damit durch aktive Mitarbeit des anständigen Teils des Deutschen Volkes weitere Informationen über diese Subjekte gesammelt werden können. So wird zu gegebener Zeit die Möglichkeit bestehen, die Verräter am Deutschen Volk angemessen zur Verantwortung zu ziehen." 2016 greift der Freiburger AfD-Politiker Dubravko Mandic das Thema auf und postet auf Facebook eine Fotomontage der Nürnberger Anklagebank. Anstelle der Nazigrößen des Dritten Reiches, die vorwiegend zum Tod durch den Strang verurteilt wurden, hatte Mandic die Gesichter prominenter deutscher Politiker*innen hineinmontiert (u.a. Angela Merkel, Claudia Roth, Sigmar Gabriel, Thomas de Maizière). Wegen der Fotomontage wurde Mandic 2018 vom Amtsgericht Freiburg wegen Beleidigung zu einer hohen Geldstrafe verurteilt. Mandic gehört der völkischen AfD-Strömung "Der Flügel" an und ist in der Vergangenheit mehrfach durch rechtsradikale Posts aufgefallen; so schrieb Manic, die AfD unterscheide sich von der NPD „vornehmlich durch unser bürgerliches Unterstützerumfeld, nicht so sehr durch Inhalte“.
Das Motiv seiner Fotomontage ziert, leicht abgewandelt, die Website von Nürnberg 2.0. Aus Worten werden Taten Der ermordete Kassler Regierungspräsident Walter Lübcke war namentlich auf dieser Liste genannt. Unmittelbar nach dessen Ermordung verschwand sein Name von der Liste. Der Mordfall Lübcke zeigt also, welche Vorgehensweise den Betreibern von Nürnberg 2.0 vorschwebt, wenn sie fordern, "die Verräter am Deutschen Volk angemessen zur Verantwortung zu ziehen".
Die Todeslisten sind keine Spielerei von harmlosen Irren. Sie übernehmen eine Rolle bei der zunehmenden sprachlichen Gewalt von Rechts, der immer häufiger die tatsächliche rechtsextreme Gewalt folgt. AfD ist keine demokratische Partei Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die Äußerungen des AfD-Landesvorsitzenden Uwe Junge, der anläßlich der Ernennung von Annegret Kramp-Karrenbauer zur Verteidigungsminsterin einen "Aufstand der Generale" forderte. Für viele politische Beobachter war sein Tweet eine Aufforderung zum Putsch, so z.B. für den CDU-Politiker Ruprecht Polenz. Für seinen Parteikollegen Lukas Kilian war der Tweet ein Beweis dafür, "dass es keine Gemäßigten in der AfD" mehr gibt.
Desweiteren war die Speyerer AfD gemeinsam mit der Naziszene aktiv an den rechtsradikalen Kandel-Demos beteiligt. Einer der Anführer der Kandel-Demos sprach unmittelbar nach der Ermordung von Walter Lübcke eine Morddrohung gegen den Grünen-Politiker Georg Kössler aus. Die Facebook-Postings zeigen beispielhaft die Umsturzfantasien und Vorbereitungen der Rechtsextremen auf den "Tag X". Bekenntnisse der AfD zur Demokratie und zum Grundgesetz sind vor diesem Hintergrund nur Lippenbekenntnisse. Meinungsfreiheit als rechtsstaatlich verankertes Gut und Säule der Demokratie wird mit Taktiken dieser Art provokativ und geschmacklos angegriffen. Die zitierten Ausdrucksweisen des Stadtrates Haupt, des Landesvorsitzenden Junge unter anderem wirken wie gefährliche Wortspielereien und nicht wie Kritik an einer politischen Ausrichtung. Radikalisierung der AfD Die AfD ist eine rassistische, frauenfeindliche und undemokratische Partei. Mit ihr sitzen Rassist*innen und Neonazis in den deutschen Parlamenten. AfD-Vertreter*innen, die sich nationalkonservativ geben, agieren Seite an Seite mit bekennenden Rassisten und Neonazis. Höcke, Gideon, Sayn-Wittgenstein, Mandic und viele andere wurden nicht aus der Partei ausgeschlossen, obwohl sie sich eindeutig antisemitisch oder rassistisch geäußert hatten. Stets erfolgte nur eine halbherzige und rein taktische Abgrenzung vom faschistoiden Flügel und von rassistischer Gewalt. Die AfD ist ein Sammelbecken für Nazis, Ewiggestrige und Rassisten. Es ist Zeit, dagegen aufzustehen.«
Info: www.buendnis-speyer.de