4,2 Millionen Kubikmeter Schmutzwasser durchlaufen pro Jahr die Kläranlage am Fuße der ehemaligen Hausmülldeponie Nonnenwühl. Das entspricht 11.500 Kubikmeter pro Tag. Stolze Zahlen, mit denen die Besucherinnen und Besucher beim Tag der offenen Tür am Sonntag konfrontiert wurden. Die Entsorgungsbetriebe und die Stadtwerke Speyer hatten eingeladen. Die Resonanz war groß.
Ein Blick in die Geschichte zeigt: Speyer nahm schon früh eine Vorreiterrolle ein. Als eine der ersten Städte baute es ein Kanalnetz und eine Kläranlage. Während 1929 an der Rheintorstraße schon eine mechanische Kläranlage in Betrieb ging, wurde der jetzige Standort im Jahr 1969 in Betrieb genommen. Vieles hat sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert, wie Jürgen Wölle, Teamleiter Entsorgungsdienstleistungen, erklärte.
Nächste Reinigungsstufe folgt
„Früher haben wir nur organische Stoffe rangeholt. Mit dem Robbensterben 1988 in der Nordsee kam man drauf, dass die Nährstoffe absorbiert werden müssen“, sagte er. Stehen geblieben sind die Untersuchungen nie. Aktuell dreht sich die Entwicklung um eine weitere Reinigungsstufe, die den Spurenelementen gelten soll. Im vergangenen Jahr ist laut Wölle eine Novellierung der Klärschlammverordnung erfolgt, die eine Phosphorrückgewinnung bis spätestens 2032 fordert.
2017 wurden auch bauliche Veränderungen an der Kläranlage vorgenommen. „Wir haben eine Prozesswasserbehandlungsanlage errichtet“, ließ Jürgen Wölle wissen. Zwei Behälter – einer mit einem Fassungsvermögen von 500, einer von 300 Kubikmeter – sind dazu aufgestellt worden. Einsparungen beim Energieverbrauch im Zuge der Behandlung des Schlammwassers werden damit erzielt. Offiziell übergeben werden soll die Anlage, die ein Investitionsvolumen von rund einer Million für die Entsorgungsbetriebe Speyer bedeutete, in wenigen Wochen.
Anlagentechnik auf modernem Stand
„Wir sind ein umwelttechnischer Betrieb und entsorgen das Abwasser von Speyer. Deshalb möchten wir uns mit einem Tag der offenen Tür vorstellen“, begründete Jürgen Wölle die Einblicke, die allen Bürgerinnen und Bürgern offenstanden. Bei drei Führungen lernten die Interessierten den Weg des Abwassers von der eigenen Leitung bis zum Wiederaustritt aus der Kläranlage kennen. „Die Besucherinnen und Besucher erkennen, wie viel Arbeit und Energie hinter der Umwandlung des Abwassers steckt“, machte Jürgen Wölle deutlich.
Generell werde die Kläranlage laufend ertüchtigt. 1999 sei die letzte große Ausbaustufe auf den jetzigen Stand erfolgt. „Seitdem sind wir dabei, die Anlagentechnik modern zu halten“, hob Jürgen Wölle hervor. Insgesamt seien elf Personen in dem Bereich beschäftigt. Gewandelt hat sich übrigens auch das Berufsbild, nach dem junge Menschen heute ausgebildet werden. Ihre Bezeichnung heute: Fachkräfte für Abwassertechnik. „Die Anforderungen sind hoch“, so Jürgen Wölle.
Nicht nur die Kläranlage durfte am Sonntag im Detail in Augenschein genommen werden. Führungen auf die ehemalige Hausdeponie wurden gerne von den Gästen begleitet. Dass das Gelände, auf dem heute Schafe weiden, auch Sonnenberg genannt wird, liegt an der Photovoltaikanlage, die im November 2007 in Betrieb ging. „Im Jahr 2000 wurde der letzte Müll hier abgelagert“, blickte Sabrina Schaefer, Projektleiterin Erneuerbare Energien, zurück.
3122 Module auf dem Sonnenberg
Aus mehreren Schichten – Abfall, undurchlässige Dichtfolie und Kontrollmesssysteme – bestehe die Erhebung, die 40 Meter über dem umliegenden Gelände und 135 Meter über Normalnull liegt. 3122 Module seien auf dem Berg angebracht, deren prognostizierter Ertrag bei zirka 464.000 Kilowattstunden im Jahr liege. Von der Spitze aus konnten die Besucherinnen und Besucher nicht nur den Dom erblicken, sondern unter anderem auch die Windkraftanlagen, die die SWS in Hatzenbühl errichtet haben. „Das Thema Entsorgung bewegt viele Bürgerinnen und Bürger, was zeigt, dass alle ihre Stadt gerne sauber haben und noch sauberer machen möchten“, hob Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler beim Besuch des Geländes hervor. Sie appellierte an alle, selbst weniger Müll zu produzieren und die Arbeit der Frauen und Männer in den Entsorgungsbetrieben wertzuschätzen.
Aufruf zur Wiederverwendung
Als junge Umweltaktivistin stellte die Speyererin Ayla Schellenberger ihr Projekt zur Klimadebatte vor, mit dem sie schon in Kindertagesstätten der Stadt unterwegs ist. Mehrweg- statt Einwegbecher, eigene Brotbox statt Kunststoffverpackungen beim Einkauf, Jutebeutel statt Plastiktüte – dafür plädierte sie auf dem Abfallwirtschaftshof. „Der Schlüssel zur Müllvermeidung“, fasste Ayla Schellenberger zusammen, „ist Wiederverwendung.“
Für Speis und Trank war während des Tages der offenen Tür gesorgt. Der Nachwuchs konnte sich mit einem Spiel- und Bastelangebot verweilen. (spi/Fotos: SWS)