Von Klaus Stein
Am morgigen Mittwoch wird, wenn alles programmgemäß läuft, der Deutsche Bundestag Olaf Scholz (SPD) zum Bundeskanzler wählen. Am Montag hatten die Grünen als letzte der drei zukünftigen Regierungsparteien den Koalitionsvereinbarungen zugestimmt und die SPD ihre Minister*innen-Riege vorgestellt.

speyer-info wollte von den Speyerer "Ampel"-Parteien SPD, Grüne und FDP wissen, wie die neue Regierung und deren Programm bei ihnen ankommet und welche Erwartungen damit verbunden sind.
Insgesamt zufrieden zeigte sich der SPD-Stadtverbandsvorsitzende Walter Feiniler, obwohl er sich einige Punkte vor allem im Gesundheits- und Sozialbereich anders gewünscht hätte. Als Beispiel nannte er die Bürgerversicherung, die es nicht in den Vertrag geschafft habe. Skeptisch sieht er auch das Thema Rente, denn nach seiner Überzeugung braucht es zukünftig ein ganz neues System.
Positiv bewertete Feiniler den neuen Mindestlohn und auch die Regelungen im Baubereich.
Die SPD könne und müsse jetzt beweisen, dass sie nach wie vor mit ihrer Politik Anwalt der Normalbürger und nicht so privilegierten ist.

Alles in Allem positiv fällt auch die Stellungnahme des Kreisverbands der Speyerer Grünen aus.
Pressesprecherin Jana Dreyer schreibt dazu: "Der Koalitionsvertrag ist eine gute Chance für eine GRÜNERE Zukunft. Der Klimaschutz wurde deutlich aufgewertet, in unseren Augen aber noch nicht ausreichend. Das betrifft vor allem Bereiche, die nicht GRÜN geführt werden wie zum Beispiel das Verkehrsministerium. Allein die erhöhte Finanzierung des Schienenverkehrs wird langfristig nicht ausreichen. Hier setzen wir große Hoffnung in die kommunale Umsetzung der Verkehrswende, so wie es auch in Speyer oder Landau angegangen wird.
Die Erwartungen sind ebenso groß wie die Notwendigkeit, den Klimaschutz endlich konsequent voranzubringen. Jetzt wo die Regierungsbildung von allen drei Ampel-Parteien beschlossen ist, stehen die Chancen gut, dass sich gerade hier einiges bewegt. Ebenso verhält es sich mit der
sozialen Gerechtigkeit. Die geplante Kindergrundsicherung unterstützt die Kleinsten unserer Gesellschaft, der zukünftige Mindestlohn von 12 Euro stärkt Arbeitnehmer*innen und auch die Rente bleibt auf einem verlässlichen Niveau. Zusätzlich freuen wir uns, dass mit der zukünftigen Bundesfamilienministerin eine kompetente Speyerer GRÜNE auf der Regierungsbank sitzt. Insgesamt erwarten wir Speyerer GRÜNE, dass die Ampel die drängenden Themen unserer Zeit zielstrebig und verlässlich angeht und die Zukunft mitdenkt.
Wir sind uns einig, dass eine Regierungsbeteiligung der GRÜNEN unbedingt notwendig ist. Sicherlich ist an manchen Stellen im Koalitionsvertrag noch Luft nach oben, was vor allem den Klimaschutz angeht. Aber so ist das, wenn insgesamt drei Parteien miteinander regieren wollen.
Trotzdem werden wir diese Themen nicht leichtfertig aufgeben, sondern bleiben energisch an den Themen dran, die uns zu kurz kommen. Dennoch glauben wir, dass dieser Vertrag die Weichen für eine sozialere, nachhaltigere und grünere Zukunft stellt. Aus kommunaler Sicht begrüßen wir zudem, dass der Entscheidungsspielraum von Kommunen vergrößert werden soll. Dabei stehen die bessere finanzielle Ausstattung sowie die Problematik der Altschulden im Vordergrund. Das wird uns GRÜNE auch auf kommunaler Ebene stärken."

FDP lobt zügige und diskrete Verhandlungen
Für Bianca Hofmann, Kreisvorsitzende der Speyerer FDP, ist der "Koalitionsvertrag eine gute Grundlage für die Gestaltung der Politik in den nächsten vier Jahren und für ein gemeinsames Arbeiten. Er birgt aber noch intensiven Diskussionsbedarf in vielen Bereichen."
Und weiter schreibt Hofmann: "Unsere Erwartungen an die Ampelkoalition in Berlin ist eine Politik, die in die Zukunft gerichtet ist. Also nicht mehr nur das Bewahren des Status Quo, sondern eine Gestaltung der Infrastruktur, der Gesellschaft und der wichtigen Bereiche Bildung – Rente – Wirtschaft hin zu mehr Zukunftsfähigkeit. Ein Beispiel hierfür ist die Digitalisierung! Hier müssen wir in den nächsten 4 Jahren zügig vorankommen, um nicht international den Anschluss zu verlieren. Benennen möchten wir zum einen den Netzausbau bundesweit, Datenschutz der machbar ist und eine Neuordnung der Verwaltung, um eine smarte Verwaltung einführen zu können. Ein weiterer wichtiger Punkt, der im Koalitionsvertrag als 'Projekt' benannt ist, ist der Abbau von bürokratischen Hürden und auch die Verschlankung von Genehmigungsprozessen für große Projekte. Denn Zukunft muss nicht nur in die Wege geleitet werden – die Umsetzung muss auch zeitnah machbar sein.
Bei der Überarbeitung des Rentensystems hätte sich Bianca Hofmann mehr Mut gewünscht. Auch bei der Bildung wünschten sie sich über das Kooperationsangebot Kommune – Land – Bund hinaus mehr bundesweite Initiativen. Eine Entlastung der kleinen und mittleren Einkommen komme ihrer Meinung nach zu kurz. (Fotomontage: ks)