Staatsminister Dr. Tobias Lindner (Grüne) war diese Woche zu Gast im Kreisverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Speyer. Bei zahlreichen Terminen vertritt er die Bundesaußenministerin und damit die Bundesrepublik Deutschland. Sein Themen- und Aufgabenspektrum im Ministerium in Berlin ist breit: Außenpolitik, Sicherheitspolitik, internationale Ordnung, Haushaltsausschuss, Vertretung der Ministerin, Unterrichtung der Fraktion. 

Die Gelegenheit, von Tobias Lindner aus erster Hand Antworten auf die Fragen dieser aktuell schwierigen Zeiten zu bekommen, ließen sich viele Parteimitglieder auch weit über den Kreisverband Speyer hinaus nicht entgehen. Die Moderator*innen Pia Versch und Ansgar Parzich aus dem
Vorstand des Kreisverbands leiteten den Diskurs. In gut neunzig Minuten wurde die Grüne Außenpolitik kritisch hinterfragt und ehrlich beleuchtet: Wie lassen sich Waffenlieferungen vor dem Hintergrund pazifistischer Werte begründen? Wie soll eine Nachkriegsordnung für die Ukraine
bzw. die Welt aussehen? Warum spricht ein Grüner Wirtschaftsminister mit Erdöl- und Gaslieferanten, die die Menschenrechte nicht achten? Welche Rolle spielt Europa in einer neu zu gestaltenden internationalen Ordnung? Welchen politischen Bedarf gibt es bezüglich Afrikas? Wie wird
sich die Situation zwischen China und Taiwan weiterentwickeln?
Geduldig, wie ein Diplomat, der trotz allem die Fähigkeit besitzt, Tacheles zu reden, antwortete der Gast mit großer Offenheit. Die Bundesregierung handele auf der Grundlage des Völkerrechts gemäß der Charta der Vereinten Nationen und entsprechend internationale Verträge, die auch Russland unterzeichnet habe. Doch bei aller Unterstützung: Deutschland sei nicht Kriegspartei.
Diplomatische Bemühungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges und eine Nachkriegsordnung liefen auf allen verfügbaren Kanälen im Hintergrund. Das Herzstück der Diplomatie sei Vertrauen, so Lindner.
Voreilige Publikationen und öffentliche Debatten um Details können lange, mühsame und harte Arbeit zunichte machen und weitere Schritte in eine positive Richtung für lange Zeit blockieren.
Deshalb warb Dr. Tobias Lindner um Unterstützung im Rahmen des politischen Systems in Deutschland. Politiker*innen sind für eine Amtsperiode gewählt und ihrem Gewissen verantwortlich.
Ziel der aktuellen Energie-Politik sei eine Risikostreuung durch verschiedene Lieferanten. In den Gesprächen mit möglichen Vertragspartnern spielten Fragen nach Achtung der Menschenrechte eine nicht zu unterschätzende Rolle. Mit platten Verurteilungen und direkter Konfrontation erreiche man hier allerdings gar nichts und in manchen Fällen sogar nur das Gegenteil.
Stattdessen sei hochsensibles Fingerspitzengefühl notwendig.
In der europäischen Politik gelte das alte Denken in Blöcken von Ost und West als vollkommen überholt. Europa arbeite an möglichst vielen eigenständigen und friedlichen Verbindungen zu einzelnen Ländern sowie der Ausweitung bestehender Bündnisse.
In den Beziehungen zu afrikanischen Staaten sei eine Aufarbeitung der kolonialen Vergangenheit unumgänglich. Das gegenseitige Vertrauen müsse weiter aufgebaut und verbessert werden.
Einen eindeutig grünen Stempel tragen laut Lindner vor allem Klimaschutzallianzen. Diese würden großes Potential für eine zukunftsorientierte und wirklich partnerschaftliche Zusammenarbeit bieten.
China sei für Deutschland ein wichtiger Partner. Wie die meisten Staaten der internationalen Gemeinschaft, habe Deutschland Taiwan nicht als eigenständigen Staat anerkannt. Neu ist in den Beziehungen zwischen China und Taiwan, dass militärische Gewalt in diesen jahrzehntelangen Spannungen plötzlich nicht mehr ausgeschlossen wird. Dies sei in der Tat ein Grund zur Besorgnis und Anlass zu strategischen und diplomatischen Bemühungen, so der Spitzendiplomat.