Von Klaus Stein
Fassungslos war David Litvinov, der Israeli in den Reihen der Bundesligamannschaft des AV 03 Speyer. Aber nicht nur der Sportler, auch der Speyerer Anhang konnte das Urteil von Kamprichterin Vera Loch nicht fassen, die seinen Versuch, es war der letzte des Wettkampfs gegen den AC Mutterstadt, ungültig gegeben hatte.

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Zum zweiten Mal hatte sich Frau Loch den Unmut der Domstädter an diesem Abend zugezogen, denn auch bei einem von ihr als ungültig gewerteten Versuch von André Winter rätselten sowohl der Athlet als auch die zahlreichen versammelten Experten, was sie dazu veranlasst hatte. Diese Entscheidungen waren deshalb so brisant, da der Wettkampf den erwartet knappen Verlauf genommen hatte und der letzte Versuch darüber entschied, ob Speyer oder Mutterstadt gewinnt. Durch das Kamprichterurteil waren die Gäste am Ende die Glücklicheren, denn mit vier Kilogramm Vorsprung gewannen sie das Vorderpfalzderby mit 838,4:834 Kilopunkten (KP) und 2:1 Tabellenpunkten - Speyer hatte die Teildisziplin Reißen mit 331,5:321,7 KP gewonnen und sich einen Punkt erkämpft.
Bester Heber des Abends in der ausverkauften AV-Halle war der Albaner Briken Calja vom AV 03 mit 180 KP (151, 172) vor dem Mutterstadter Nationalheber Max Lang, der unter den Augen von Bundestrainer David Kurch mit sechs gültigen Versuchen und 167 KP (140, 175) einen blitzsauberen Wettkampf ablieferte.
Es folgten der Brite Cyrille Fagat Tschatchet für den AV Mutterstadt und David Litvinov mit jeweils 153 KP. Mit 200 Kilogramm hob Litvinov die schwerste Hantel des Abends.
Weiter aufsteigende Form hat der Speyerer Mannschaftskapitän Jürgen Spieß, der gute 151 KP (153, 190) zum Mannschaftsergebnis beisteuerte. "Vielleicht habe ich einen taktischen Fehler begangen, dass ich Jürgen nicht schon beim zweiten Versuch 195 Kilo heben ließ sondern erst beim dritten, den er dann knapp nicht schaffte", zeigte sich AV 03 Teamchef Frank Hinderberger nach dem Wettkampf gegenüber unserer Zeitung selbstkritisch.
Nicht nur als Athletin macht die Britin Sarah Davies was her, auch optisch hat sie "Model"-Qualität. Mit ihren 149 KP trug sie maßgeblich zum Mutterstadter Erfolg bei.
Ebenfalls in bester Form zeigte sich die Mutterstadter Nationalheberin Lisa Marie Schweizer mit sechs gültigen Versuchen und 135 KP.
Man merkte Björn Günther vom AV 03 und Michael Varlamov vom AC an, dass sie unter den Nachwirkungen ihres Starts bei der U23 Europameisterschaft standen. Beide waren ungewohn unsicher wobei Günther über leichte Probleme beim Reißen klagte. So sind die 131 Kp des Speyerers und die 122,4 Kp seines Mutterstadter Kollegen hoch einzuschätzen.
Bei Mutterstadt teilten sich die 17-jährige Samira Blume im Stoßen und Daniel Siegel im Reißen den Wettkampf und kamen gemeinsam auf 112 KP.
Eigentlich war Christina Spindler nur als Ersatzheberin vorgesehen. Da aber Tom Schwarzbach weiterhin Probleme mit seiner Schulter hat - "ich brauche noch Physiotherapie" - musste sie ran und enttäuschte mit 95 Kp nicht. (Fotos: ks)

Kommentar
Kampfrichterin Vera Loch hat wohl keinen Fehler gemacht. Fairer Sportsmann der er ist, gestand Frank Hinderberger ein, eine leichte Unsicherheit beim entscheidenden letzen Versuch von David Litvinov geswehen zu haben. Das kann man, wenn man sehr streng wertet, als ungültig geben. Frau Loch war auch etwas in der Zwickmühle, denn egal, wie sie entscheidet, eine Mannschaft hätte sich ungerecht behandelt gefühlt und wäre als Verlierer von der Bühne gegangen.
Den Fehler hat sie nach meiner Überzeugung vorher gemacht, denn auch bei Cyrille Fagat Tschatchet war der linke Arm bei zwei Versuchen ebenfalls nicht stabil gewesen und hätte nach den strengen Kriterien, die sie sich auferlegt hatte, ebenfalls als ungültig gewertet werden müssen. Sie hat da mit zweierlei Maß gemessen und somit wenig sensibilität gezeigt. Ich hätte übrigens alle diese Versuche als gültig gewertet.
Kamprichter*innen sind auch nur Menschen und nicht perfekt. Dass der AV 03 nach den skandalösen Kampfrichterentscheidungen vergangenes Jahr auch diesmal darunter zu leiden hat, dass nicht drei Unparteiische, wie bei nationalen und internationalen Meisterschaften üblich, sondern nur eine*r in der Bundesliga die Verantwortung hat, ist fast tragisch.
Das ist alles kein Grund und durch nichts zu rechtfertigen, die Kampfrichterin persönlich zu beleidigen, wie es aus Reihen des Publikums geschehen ist.