Von Seán McGinley
Trotz widriger Umstände sind die Frauen des JSV Speyer im Heimkampf gegen die TSG Backnang über sich hinausgewachsen und haben den Favoriten gezwungen, sich die Bundesliga-Meisterschaft hart zu erkämpfen. Das hat die TSG letztendlich geschafft, absolut erwartungsgemäß steht sie schon ein Kampftag vor Schluss uneinholbar an der Tabellenspitze, doch die JSVlerinnen konnten immerhin ihr Ziel erreichen, den Kampf offen zu gestalten.

Fünf Einzelkämpfer konnte der JSV gewinnen – genau so viele hatte Backnang insgesamt in der bisherigen Saison verloren. Mit etwas Glück wäre sogar noch mehr drin gewesen, bis hin zu einem sensationellen Unentschieden, meint JSV-Teamchefin Barbara Bandel.
In diesem Sinne ging es gleich im ersten Kampf los, denn Jessica Lindner lieferte sich ein hart umkämpftes Duell auf Augenhöhe mit der internationalen Top-Kämpferin Andrea Stojadinov aus Serbien. Fast acht Minuten kämpften die beiden, ohne dass eine Wertung erzielt wurde. Dann die große Schrecksekunde: Lindner wurde geworfen, kam unglücklich auf dem Ellenbogen auf und zog sich eine offensichtlich sehr schmerzhafte Verletzung zu. Die Speyererin musste von den Sanitätern auf einer Trage von der Matte gebracht werden. Wie schwerwiegend der Verletzung ist, wird sich erst nach weiteren Untersuchungen zeigen. Für das Speyerer Team und das Publikum war es aber zunächst ein großer Schock, der das Sportliche für einige Minuten in den Hintergrund rücken ließ. Erst nach einer Unterbrechung ging es weiter mit dem nächsten Kampf. Darja Dorowskich musste ebenfalls gegen eine international erfahrene Kämpferin antreten, nämlich Pleuni Cornelisse aus den Niederlanden, und musste sich nach zwei Minuten geschlagen geben. Für ein erstes Highlight aus Speyerer Sicht sorgte dann Dewi de Vries in ihrem ersten Bundesligakampf für den JSV. Sie setzte sich in der Verlängerung mit einem spektakulären Wurf gegen Mirjam Wirth durch. Die nächsten drei Kämpfe gingen allerdings an Backnang, weil Mona Kohlbacher kampflos abgab und Verena Thumm ebenso wie Corinna Bayer sich geschlagen geben musste. Jasmin Grabowski erwies sich aber im letzten Kampf vor der Halbzeitpause wie so oft als absoluter Bank und verkürzte auf 2:5 aus Speyerer Sicht.
Dieser Rückstand wuchs dann direkt an, weil Speyer nach der Verletzung von Jessica Lindner keine Athletin in der Gewichtsklasse bis 48 Kilogramm aufbieten konnten und somit den ersten Kampf des zweitens Durchgangs kampflos abgeben musste. Danach ließ aber Seija Ballhaus mit einem blitzschnellen Sieg die Speyerer Fans wieder jubeln, und Dewi de Vries krönte ihr perfektes Debüt, in dem sie auch ihren zweiten Kampf gewann. Die Gastgeberinnen hätten sogar noch näher herankommen können in den letzten Kämpfen, denn Verena Thumm lieferte sich ein zweites mal ein eng umkämpftes Duell mit Annika Würfel, musste sich aber Ende geschlagen geben, und Jill Trenz wurde beim Wurfversuch von ihrer Gegnerin ausgekontert – da wäre in beiden Fällen mehr drin gewesen. So konnte nur noch Jasmin Grabowski mit ihrem zweiten Sieg einen weiteren Punkt für Speyer ergattern, es herrschte aber große Zufriedenheit nach dem Kampf auf JSV-Seite.
Als wir gesehen haben, was für ein hochkarätiges Aufgebot Backnang hatte, und bei uns sah es eher schwierig aus personell, hat das die klare Außenseiterrolle nochmal verstärkt. Aber wir haben eine sehr starke Leistung gezeigt, angefangen mit Jessica Lindner, die durchaus ihren Kampf hätte gewinnen können. Ihre Verletzung war ein großer Schock für uns und wir können nur hoffen, dass es sich als möglichst wenig schlimm herausstellt. Auch Verena Thumm hätte mindestens einen ihrer Kämpfe gewinnen können und der Kampf von Jill Trenz war ja auch auf Messers Schneide. Mit etwas mehr Glück hätte es auch Unentschieden ausgehen können. Ganz toll war natürlich das starke Debüt von Dewi de Vries, die gerade eine langwierige Verletzungspause überwunden hat, und Jasmin, die eine absolute Bank ist. Wir freuen uns jedes Mal, wenn sie für uns kämpfen kann, und freuen uns ganz besonders, dass das jetzt wieder öfter möglich ist als teilweise in den letzten Jahren“, so Teamchefin Barbara Bandel.
Der JSV steht trotz der Niederlage als Vizemeister fest, und kann somit ohne Druck auf den letzten Kampftag am kommenden Samstag blicken. Dabei kommt es zum pfälzisch-badischen Derby gegen den Nachbarn von der anderen Rheinseite, dem BC Karlsruhe – allerdings weder in Karlsruhe noch in Speyer, sondern in Bottrop, weil die zwei Kämpfe des abschließenden Kampftages zu einer Veranstaltung zusammengefasst werden.
Noch etwas weiter in die Zukunft schauend freuen sich die JSV-Frauen auf des kommende Jahr, wenn die Erste und die Zweite Bundesliga – und damit auch die zwei Speyerer Bundesligateams – zusammengelegt werden. Der große Zusammenhalt zwischen den beiden Teams, der im Laufe des Jahres gewachsen ist und beim Kampf gegen Backnang spürbar war, auch durch die lautstarke Unterstützung am Mattenrand, lässt diese Entwicklung als logischen Schritt erscheinen und gibt Anlass zum Optimismus für die Zukunft der JSV-Frauenmannschaft.