Von Seán McGinley
Es hat ganz knapp nicht gereicht zum ersten Titelgewinn zu Hause für die Frauen des JSV Speyer. Am Ende eines spannenden und stimmungsvollen Finalrundentages am Samstag im Judomaxx unterlagen die Gastgeberinnen denkbar knapp dem Favoriten und Titelverteidiger TSG Backnang mit 6:8.
Das Finale zwischen Speyer und Backnang war im Vorhinein allgemein erwartet worden, und die zwei Teams, die mit einer perfekten Bilanz durch Vorrunde und Play-Offs marschiert waren, wurden in den Halbfinals ihrer Favoritenrolle gerecht. Im ersten Kampf des Tages stellte der JSV gegen den JC Wiesbaden schon früh die Weichen auf Sieg und führte zur Halbzeit mit 7:0. Lediglich Amber Gersjes musste über die Verlängerung gehen, alle anderen – Jana Ziegler, Mascha Ballhaus, Geke van den Berg, Yelyzaveta Lytvynenko und Jill Trenz siegte vorzeitig mit Ippon und Teresa Zenker gewann kampflos. Im zweiten Durchgang ging es zunächst im gleichen Stil weiter – die Zwillinge Seija und Mascha Ballhaus siegten jeweils innerhalb von 30 Sekunden, bevor der erste Punkt abgegeben werden musste, als Jill Trenz gegen Hanna Sedlmair verlor. Der Finaleinzug des JSV stand zu diesem Zeitpunkt aber bereits fest. Jessica Lindner lieferte sich anschließend einen epischen Marathon-Kampf gegen Anja Schneider und gewann schließlich nach fast zehnminütiger Verlängerung das Duell das mehr als das dreifacher der regulären Kampfzeit dauerte. Nach souveränen Siegen von Lytvynenko und Zenker und einer Niederlage für Saraphina Muhammed stand das Endergebnis von 12:2 fest und weil Backnang mit dem gleichen Ergebnis gegen den JC Bottrop gewonnen hatte, war alles angerichtet für das mit Spannung erwartete Finale zwischen dem Titelverteidiger und dem Gastgeber.
Die JSVlerinnen legten einen Traumstart hin und sorgten für Begeisterung und Stimmung in der gut gefüllten Halle. Die Ballhaus-Schwestern gewannen ihre Kämpfe und Geke van den Berg siegte nach Rückstand – 3:0 für Speyer! Ein weiterer Punkt hätte die Führung zur Halbzeit gesichert, und Yelyzaveta Lytvynenko war ganz nah dran, als sie gegen die Weltmeisterin von 2021 und Olympiadritte von Tokio, Anna-Maria Wagner, in Führung ging. Eine halbe Minute vor Ende des Kampfes wurde die junge Ukrainerin allerdings geworfen und musste der Backnangerin den Punkt überlassen. Das gleiche galt für Jessica Lindner, Jill Trenz und Teresa Zenker, so dass die Titelverteidigerinnen den Kampf vor der Pause erfolgreich umdrehten und mit 4:3 führten.
Trotzdem war noch nichts verloren, und für den JSV noch alles drin. Die Teamchefinnen Nadine Lautenschläger und Szaundra Diedrich stellten für den zweiten Durchgang unverändert auf, und konnten sich darüber freuen, dass der zweiten Durchgang genau so begann wie der erste, mit drei Speyerer Siegen durch die Ballhaus-Schwestern und van den Berg. Die Stimmung im Judomaxx war absolut auf dem Höhepunkt, und das JSV-Team neben der Matte feuerte die jeweilige Kämpferin lautstark an. Nur noch zwei Punkte trennten die Speyererinnen vom sensationellen Titelgewinn – zwei von vier Kämpfen gewinnen, unter Umständen hätte sogar ein Punkt gereicht, weil bei Gleichstand die Unterbewertung ausschlaggebend wäre.
Doch trotz aller Anstrengungen und der leidenschaftlichen Unterstützung hatten auch die letzten vier Kämpfe des zweiten Durchgangs das gleiche Ergebnis wie im ersten, nämlich vier Siege für Backnang, das sich damit seinen Titel verteidigte.
"Es war ein sehr sehr geiles Finale, in der beide Teams Chancen hatten. Knackpunkt war sicherlich der erste Kampf zwischen Yelyzaveta Lytvynenko und Anna Maria Wagner. Man muss sagen, dass Anna das richtig gut gemacht hat – wir sind befreundet und ich gönne ihr den Erfolg – aber auch unsere Kämpferin hat sehr stark gekämpft. Man darf nicht vergessen, sie ist erst 19 Jahre alt, es war ihre erste Saison in der Bundesliga. Sie hat sehr viele Kämpfe in den Knochen, weil sie bei den Damen und Juniorinnen kämpft. Und wir sind super dankbar, sie in unserem Team zu haben", kommentierte Nadine Lautenschläger nach dem Kampf.
Der Lob galt allerdings allen im Team, auch denen, die nicht gekämpft haben: "Die Mädels haben so eine mega Stimmung gemacht neben der Matte. Da hat mir den großen Zusammenhalt in diesem Team nochmal gesehen, das macht uns Teamchefinnen sehr stolz und da ist die Farbe der Medaille nicht so wichtig. Ich kann nur den Hut ziehen vor diesem Team!", so die Speyerer Teamchefin.
Von Enttäuschung also keine Spur bei den Speyererinnen, denn sie haben in dieser Saison die nicht ganz einfache Aufgabe, ihre ehemals zwei Bundesligateams zusammenzuführen, mit Bravour gemeistert und als Außenseiter das Finale bis zum Schluss spannend gehalten. Sie sind dem Titel näher gekommen als die meisten wahrscheinlich erwartet hätten, und die erfolgreiche Mischung aus erfahrenen Stammkräften und talentierten Nachwuchskämpferinnen, die in den kommenden Jahren sich nur weiter verbessern werden, sorgt für Zuversicht beim Blick in die Zukunft.