Von Klaus Stein
Das Atomkraftwerk Philippsburg ist endgültig vom Netz gegangen. Es ist schon erstaunlich, wie die Diskussion um den Klimawandel und dessen Folgen eine "Gespensterdebatte" auslöst, durch die Atomkraftwerke wieder "Salonfähig" gemacht werden sollen. Tatsächlich wird bei der Herstellung von Atomstrom direkt kein Klimaschädliches Gas hergestellt, aber "Atomstrom ist keineswegs CO2-neutral. Die Treibhausgasemissionen sind größtenteils der Stromproduktion vor- und nachgelagert.

Betrachtet man den gesamten Lebensweg – von Uranabbau, Brennelementherstellung, Kraftwerksbau und -rückbau bis zur Endlagerung – so ist in den einzelnen Stufen des Zyklus zum Teil ein hoher Energieaufwand nötig, wobei Treibhausgase emittiert werden", so das Bundes-Umweltministerium. Da werden "Mythen" ausgegraben, die längst als Lügen der Atomlobby entlarvt sind:

1. Der angeblich so billige Atomstrom
Die Atomkraft hat in den vergangenen Jahrzehnten vor allem wegen der umfangreichen staatlichen Unterstützung billigen Strom produzieren können. Nach einer Untersuchung des Forums für Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft (FÖS) im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace aus dem vergangenen Jahr unterstützte der Staat die deutsche Atomindustrie von 1950 bis 2008 - gerechnet in realen Preisen - mit etwa 165 Milliarden Euro und jährlich kommen weitere Milliarden Euro dazu. Würde man diese Zusatzkosten nach der Methode für die erneuerbaren Energien auf der Stromrechnung ausweisen, hätte der Verbraucher im Jahr 2017 bis zu 11,5 Cent pro Kilowattstunde zusätzlich bezahlen müssen. Diese Milliardenkosten werden von der Gesellschaft stattdessen über Steuern oder Abgaben aufgebracht - also von allen bezahlt.
Nicht enthalten sind die indirekten Subventionen in ähnlicher Höhe für die Landwirtschaft nach dem Super-Gau von Tschernobyl.
Der Hammer ist allerdings, dass im Fall eines großen Atomunfalls (GAU), die Akw-Betreiber nicht vollständig haftpflichtversichert sind. In der Schweiz hat das Bundesamt für Zivilschutz ausgerechnet, dass eine Katastrophe in einem der Schweizer Atomkraftwerke einen materiellen Schaden von ca. 4.200 Milliarden Franken (2625 Milliarden €) verursachen würde. Die AKW’s sind aber nur für einen Schaden von 300 Millionen Franken (188 Millionen €), das heißt für 0.007 Prozent des effektiven Schadens versichert. In Deutschland ist das ähnlich. Würde dieser Posten berücksichtigt, wäre die Kilowattstunde Atomstrom mit schätzungsweise bis zu 2,70 Euro nicht mehr bezahlbar.
Nicht berücksichtigt sind auch die Kosten für die Atommüll-Endlagerung. Da hat die Bundesregierung die Betreiber vor drei Jahren zum "Schnäppchenpreis" von der Verantwortung freigestellt. Die Kosten werden ein Vielfaches von dem betragen, was die Kraftwerkskonzerne bezahlt haben.

Atommüll
In Philippsburg sowie in anderen Atomkraftwerken stapelt sich der radioaktive Abfall, gelagert in großen Hallen. Derzeit gibt es weltweit keine Endlagermöglichkeit. "Dreimal die Menge allen Goldes, das die Menschheit je geschürft hat. Oder zehn große olympische Schwimmbecken voll. 30.000 Kubikmeter - so viel hochstrahlenden Atommüll muss Deutschland entsorgen und für viele tausend Jahre sicher einlagern", schreibt Werner Eckert, ARD-Umweltexperte. Die bisher angedachten Endlagerstätten wie "Gorleben" oder "Asse" haben sich als ungeeignet erwiesen.

Gesundheitliche Risiken
Zwar gab es in Deutschland keinen Super-Gau, aber einige sehr bedenkliche Vorfälle, die durchaus gravierende Folgen hätten haben können - auch in Philippsburg.
Unabhängige Wissenschaftler gehen davon aus, dass aucn die beim Normalbetrieb freigesetzten radioaktiven Stoffe mittelfristig zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen können. Hier wird aber nach wie vor viel vernebelt, gibt es wenig Transparenz.

Als Fazit bleibt:
Es ist richtig, dass Deutschland aus der Atomenergie aussteigt. Der angeblich so billige Atomstrom wird die Menscheit noch teuer zu stehen kommen. Die Deutsche Industrie wäre gut beraten, ihre große Innovationskraft in die Entwicklung zukunftsfähiger Technologien zu investieren und keine "Gespensterdebatte" zu führen. Die "Elektromobilität", bei dem die hiesige Auto-Lobby lange blockierte zugunsten ihrer Verbrennungstechnologie und jetzt einen 100 Grad-Schwenk machen muss, sollte warnendes Beispiel sein.
Deutschland kann mehr als sich an schon früher falschen Lösungen festzuklammern. So verspielt man die Zukunft des Landes nur um eines kurzfristigen Profites willen.