Von Seán McGinley
An einem dramatischen Play-Off-Kampftag in Leipzig haben die Frauen des JSV Speyer mit Siegen gegen den amtierenden Deutschen Meister TSG Backnang und die Gastgeberinnen vom JC Leipzig die Qualifikation für die Finalrunde der Judo-Bundesliga geschafft. Eigentlich sollte ein Quartett die zwei Finalrunden-Tickets auskämpfen, doch der JC Wiesbaden, als Zweiter der Gruppe Südwest hinter Speyer qualifiziert, hat am Tag vor dem Wettkampf abgesagt, so dass nur das Trio Leipzig, Backnang und Speyer übrig blieb.

Das Top-Duell zwischen Speyer und Backnang – eine Neuauflage des Bundesligafinals vom letzten Jahr – stand gleich zu Beginn auf dem Programm. Diese Paarung war über die Jahre immer wieder ein Garant für denkwürdige und spannende Kämpfe, doch der Verlauf an diesem Tag toppte nochmal alles. Mit 2:5 lagen die Speyererinnen nach dem ersten Durchgang zurück. Die Niederländerinnen Amber Gersjes und Hilde Jager hatten die einzigen beiden Punkte für den JSV geholt. Direkt nach der Pause dann aber die furiose Aufholjagd: Verena Thumm, Teresa Zenker, Jessica Lindner und Mascha Ballhaus gewannen die ersten vier Kämpfe für Speyer, wobei Thumm und Ballhaus sich erfolgreich revanchierten gegen die Backnanger Kämpferinnen, denen sie im ersten Durchgang noch unterlegen waren. Aus einem 2:5 hatte der JSV kurzerhand ein 6:5 gemacht. Danach mussten sich Seija Ballhaus und Lea Schmid geschlagen geben, doch im abschließenden Kampf holte Hilde Jager ihren zweiten Sieg im zweiten Kampf und sorgte somit für den Ausgleich zum 7:7.
Danach herrschte kurz ein wenig Verwirrung, denn anders als in der regulären Saison darf ein Kampf in den Play-Offs nicht Unentschieden enden. Doch auch die Unterbewertung (67:67) konnte keine Entscheidung bringen. So mussten in drei ausgelosten Gewichtsklassen Entscheidungskämpfe ausgetragen werden. Und die begannen günstig aus Speyerer Sicht: Die Backnangerin Vivian Herrmann, die zuvor zweimal gewonnen hatte, kassierte gegen Seija Ballhaus drei Strafen, so dass der Kampf an die Speyererin gab. Anschließend unterlag jedoch Verena Thumm gegen Chiara Serra im dritten Duell dieser beiden Kämpferinnen, so dass alles auf den letzten Stichkampf ankam, in dem Backnangs Laila Göbel und Speyers Olympia-Teilnehmerin Mascha Ballhaus aufeinandertrafen. Auch hier stand vor dem Entscheidungskampf je ein Sieg zu Buche. Doch dieses entscheidende Duell ging an die Speyererin, die damit den Sieg für ihre Mannschaft sicherte und das bemerkenswerte Comeback krönte. Teamchefin Nadine Lautenschläger erklärte, dass sie selbst beim Stande von 2:5 die Hoffnung nicht aufgegeben hatte: "Ich war relativ entspannt und habe daran geglaubt dass wir das noch drehen können. Natürlich ist Backnang ein großer Name, und sie haben die letzten Jahren die Bundesliga dominiert. Aber wenn wir als Mannschaft zusammenstehen und Herz zeigen, dann können wir gegen sie gewinnen. Das habe ich vor dem Kampf geglaubt und das habe ich auch beim Stand von 2:5 geglaubt und der Mannschaft in der Halbzeit auch gesagt. Und so ist auch gekommen." Nach diesem langen und dramatischen Kampf, der um 12 Uhr begann und erst gegen 14 Uhr zu Ende war, war es für die Speyererinnen von Vorteil, dass zunächst Leipzig und Backnang gegeneinander antraten, so dass etwas Zeit bestand, sich körperlich und mental zu erholen und auf das zweite Duell des Tages gegen Leipzig zu fokussieren. Das gelang auch sehr gut. Gegen die Gastgeberinnen, die mit 3:11 gegen Backnang unterlegen waren, gab es zwar im Auftaktkampf einen unerwarteten Dämpfer, als Verena Thumm disqualifiziert wurde weil sie sich beim Werfen ihrer Gegnerin sich über den Kopf abgerollt hatte, aber danach ließen die JSVlerinnen nichts anbrennen und holte mit Marlene Galandi, Amber Gersjes, Darja Dorowskich, Geke van den Berg, Lea Schmid und Hilde Jager die folgenden Kämpfe zum vorentscheidenden 6:1-Halbzeitstand. Im zweiten Durchgang dann der gleichen Ablauf: Özlem Gülmez musste den ersten Kampf abgeben, doch Teresa Zenker, Jessica Lindner sowie Mascha und Seija Ballhaus machten mit ihren Punkten alles klar, bevor Mona Kohlbacher und Corinna Bayer die letzten beiden Kämpfe des Tages abgeben musste. 10:4 lautete der Endstand, damit war der JSV Speyer souverän in die Finalrunde eingezogen, die am 5. Oktober in Wiesbaden stattfindet.
Teamchefin Nadine Lautenschläger war naturgemäß hochzufrieden mit ihrem Team, zumal die Voraussetzungen nicht optimal gewesen waren. "Der Termin war etwas ungünstig, denn viele kamen aus dem Urlaub und es gab diese Woche einige krankheitsbedingte Ausfälle. Aber die Art von Weise, wie das Team damit umgegangen ist, zeigt, wie groß das Herz und der Teamgeist sind. Alle haben sich im Urlaub fit gehalten, Mascha Ballhaus hat sich trotz Olympia-Teilnahme ebenso in den Dienst der Mannschaft gestellt wie Seija Ballhaus, die als Trainingspartnerin bei Olympia dabei war. Und unsere drei Niederländerinnen haben eine Anfahrt von acht Stunden pro Strecke auf sich genommen und haben gezeigt dass auf sie einfach immer Verlass ist. Das alles macht mich sehr stolz. Jetzt freuen wir uns alle auf die Finalrunde und einen erfolgreichen Saisonabschluss!"