Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat am Wochenende 10 Frauen und 13 Männer in den Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem aufgenommen. In einem feierlichen Gottesdienst im Speyerer Dom, den Marx als Großprior des deutschen Ordenszweigs leitete, erhielten die neuen Grabesritter Ordenskreuz und Mantel, die Männer zusätzlich einen Ritterschlag. Wegen der Corona-Vorgaben durften nur rund 100 Menschen an dem Gottesdienst teilnehmen.

Ursprünglich waren etwa 700 Personen erwartet worden.
In seiner Predigt erinnerte Kardinal Marx an die enge Verbundenheit des italienischen Politikers Aldo Moro mit Papst Paul VI., der sich den Roten Brigaden als Geisel für Aldo Moro angeboten hatte. An dieser Geste sei deutlich geworden, dass "nichts für einen Terroristen oder Extremisten schlimmer ist als ein Mensch, der Versöhnung stiftet, der Brücken baut, der auf den anderen zugeht und sich für den anderen einsetzt. Terroristen und Extremisten wollen spalten, sie leben vom Hass und den tiefen Gräben der Verschwörung." Paul VI. und Aldo Moro hätten aus ihrem Glauben heraus genau das Gegenteil bewiesen.
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Mit Blick auf den Völkerapostel Paulus charakterisierte Marx es als Auftrag der Kirche, das Alte und das Neue zu verbinden, "nicht falschen Kompromissen hinterherzulaufen und eine dynamische Entwicklung der Kirche zuzulassen. Nur so kann sich Kirche heute unter diesen Zeichen der Zeit entfalten."
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Der Kardinal begrüßte in diesem Zusammenhang die Ankündigung von Papst Franziskus, die katholische Weltkirche ab Oktober auf einen zweijährigen synodalen Weg zu schicken. "Es sind Zerreißproben, die wir derzeit erleben - Transformationsprozesse in Kirche und Gesellschaft. Das ist nicht leicht. Aber gerade deshalb ist der Synodale Weg eine Hilfe, den Schatz des Evangeliums neu zu finden", so Marx: "Wir gehen diesen Weg mutig voran und ich bin dankbar, dass der Papst diesen synodalen Weg auf die Kirche weltweit ausgeweitet hat. Denn es geht darum, den Weg der Kirche von morgen miteinander zu suchen."

Leitwort der Investitur: „Geborgen im Zelt des Königs“
In Vertretung des erkrankten Speyerer Bischofs Dr. Karl-Heinz Wiesemann übermittelte Weihbischof Otto Georgens die Grüße des Bistums. Er beschrieb den Dom als Stein gewordenes Zeichen des „Geborgenseins im Zelt des Königs“, das als Leitwort über der Investitur stand. „Unzählige Menschen, die den Dom in den vergangenen 1000 Jahren besucht haben, sei es, um darin zu beten, Gottesdienst zu feiern oder einfach seine Schönheit zu bewundern, konnten in ihm nicht nur etwas von der machtvollen und unfassbaren Größe Gottes erahnen, sondern ebenso von seiner schützenden und liebenden Nähe“, so Georgens.
Das Leitwort der Investitur „Geborgen im Zelt des Königs“ war einem Vortrag der Heiligen Edith Stein aus dem Jahr 1930 entnommen. „Das Leben mit der Kirche, für uns als Katholiken und Ordensangehörige ein wesentlicher Bestandteil unseres Glaubens, ist darin ebenso angesprochen wie die persönliche Beziehung zu Jesus Christus“, erläuterte Offizial Pfarrer Dr. Georg Müller, Prior der Komturei Regina coeli.
Musikalisch gestaltet wurde die Investiturfeier von der Capella Spirensis mit Giorgia Cappello (Sopran), Angela Lösch (Alt), Thomas Jakobs (Tenor) und Michael Marz (Bass). Die Leitung hatte Domkapellmeister Markus Melchiori, die Orgel spielte Domorganist Markus Eichenlaub.
Zwei neue Mitglieder aus dem Bistum Speyer
Zwei neue Mitglieder des Ordens stammen aus dem Bistum Speyer: Wolfgang Appel, Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes in Saarbrücken, wohnhaft in Neustadt an der Weinstraße, sowie Melanie Lang, Gemeindereferentin aus Landau.
„Es wird über religiöse Themen gesprochen – übers Jahr in Vorträgen und anschließenden Diskussionen, aber auch in Tischgesprächen. Und es geht dabei zumeist zuerst um den Glauben, um Jesus und seine Botschaft heute und dann erst um Strukturen, Skandale oder Reformen, die heute oft den Austausch dominieren“, erläutert Wolfgang Appel seine Begeisterung für die Spiritualität des Ordens. Außerdem überzeugt ihn das Engagement für die Christen im Heiligen Land. „Der Orden läuft nicht mit erhobenem Zeigefinger durch die Welt und erteilt den Konfliktparteien im Heiligen Land kluge Ratschläge, sondern versucht mit konkreter Sozial- und Bildungsarbeit für Menschen aller Glaubensrichtungen sowie mit vielfältiger Unterstützung der Christen für alle eine friedvolle Zukunft zu bauen.“ Vor dem Eintritt in den Orden ist er gründlich mit sich zu Rate gegangen. „Die Mitgliedschaft im Orden ist eine lebenslange Verbindung. Da musste ich schon mal tief Luft holen, weil ich das außer beim Eheversprechen sonst noch nie gelobt habe.“
Auch Melanie Lang hat sich vom Profil des Ordens besonders angesprochen gefühlt: „Im Laufe der Jahre gab und gibt es viele Wegbegleiter, die gemeinsam mit mir als gläubiges Volk Gottes unterwegs waren und noch sind. Die Verkündigung des Evangeliums und die Weggemeinschaft mit meinen Mitmenschen sind mir ein Herzensanliegen. Im Ritterorden erlebe ich Austausch unter Gleichgesinnten, Reflexion, aber auch geteiltes christliches Leben.“ Der gemeinsame Blick ins Heilige Land bedeutet für sie einen Blick in die Weltkirche.
Hintergrund: Der Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem
Der Ritterorden vom Heiligen Grab zu Jerusalem ist eine katholische Ordensgemeinschaft mit weltweit über 30.000 Mitgliedern und rund 1.500 Mitgliedern in Deutschland. Ihr gehören Männer und Frauen, Laien und Geistliche gleichermaßen an. Sie unterstützen in Fürbitte und tätiger Hilfe die Christinnen und Christen im Heiligen Land. Die regionalen Einheiten des Ordens heißt “Komturei”; die 38 Komtureien bundesweit sind in der deutschen Statthalterei zusammengeschlossen. (Fotos: Bisum/Landry)
Weitere Informationen:
www.oessh.net.
Stream vom Gottesdienst im Speyerer Dom:
https://www.youtube.com/watch?v=bxCMHFjaNOo