Von Klaus Stein
Dass ältere Menschen das Kontaktverbot besonders hart trifft ist hinlänglich bekannt. In den Alten- und Pflegeheimen herrscht Besuchsverbot, da Senior*innen zur Corona-Risiko-Personengruppe zählen. Bestenfalls können Angehörige, wie im Mausbergweg beobachtet, ihre Lieben über den Zaun im Garten des Seniorenheims hinweg sehen und einige Worte mit ihnen wechseln - aus einigen Metern Abstand versteht sich.
Auch in eigenen Wohnungen lebende Ältere meiden den Kontakt mit ihren Mitmenschen, sind noch isolierter.
Eugen Flicker zählt mit seinen 90 Lenzen ebenfalls zur Risikogruppe. Der kleine Franzose mit dem großen Herzen lebt alleine in seinem Haus in der Domstadt. Als kontaktfreudiger Mensch leidet er darunter, seine Freunde nicht mehr treffen zu können, beispielsweise die von einem Englischkurs, durch den er seit zwei Jahren eine weitere Sprache neben Deutsch, Französisch und Spanisch lernt. Der findet coronabedingt ebenso wenig statt wie alle anderen Veranstaltungen.
Seit vielen Jahren richtet Eugen Flicker ein deutsch-französischen Bouleturnier in seinem großen Garten aus. Dazu reisen auch Freunde aus seiner elsäßischen Heimat Bischwiller an. Im
Elsaß wütet das Corona-Virus besonders. Wann es wieder einen grenzüberschreitenden Reiseverkehr geben wird, steht in den Sternen. Trotzdem will er für diese Zeit gerüstet sein und hat mit Hilfe von Freunden, unter strikter Einhaltung der Abstandsregeln, seinen Garten vor einigen Tagen nach dem Winter hergerichtet. Das Gras ist gemäht und der Bouleplatz in bestem Zustand.
Als Belohnung für die Helfer wartete bei strahlendem Sonnenschein gut gekühlter Französischer Schaumwein und Speyerer Brezeln. "Ich hoffe, mein Bouleturnier im Andenken an meine verstorbene Ehefrau noch durchführen zu können", sagt Eugen Flicker im Gespräch mit unserer Zeitung.
Als positiv denkender Mensch macht Flicker das Beste aus der momentanen Situation. Musik ist neben der Fasnacht eine Leidenschaft, der er auch im hohen Alter nachgeht. "Jeden Tag musiziere ich eine Stunde lang von meinen Haus aus bei offenem Fenster für meine Nachbarn."
Besonders bedauert er, dass er derzeit nicht mehr seine Runden im Schwimmbad drehen kann. Im vergangenen Jahr hat er, wie schon seit Jahrzehnten, das Sportabzeichen abgelegt, als ältester Teilnehmer. Mit einem Gymnastikprogramm hält sich der 90-Jährige bestmöglich fit, denn natürlich will er seine Sportabzeichentradition weiterführen - auch mit 91. (Foto: ks)