Das Gemeinnützige Siedlungswerk Speyer hat am 10. Oktober sein 75-jähriges Bestehen gefeiert. Das Wohnungsbauunternehmen des Bistums Speyer wurde 1949 vom damaligen Bischof Joseph Wendel gegründet. Zum Auftakt des Jubiläums feierten die Festgäste – darunter Mitarbeitende des Unternehmens, Mitglieder des Aufsichtsrates und Kooperationspartner – einen festlichen Gottesdienst in der Krypta des Speyerer Dom.

Mit dem Speyerer Bischof standen Dekane aus dem Bistum Speyer am Altar. Domorganist Markus Eichenlaub hatte die musikalische Gestaltung der Messfeier inne.
In seiner Predigt gab Bischof Dr. Karl-Heinz Wiesemann einen Überblick zur Gründungsgeschichte der Gemeinnützigen Siedlungswerk Speyer GmbH (GSW). Die Gründungszeit des GSW falle in eine große Notzeit. "Trotzdem spendeten die Menschen damals sehr viel für den Wiederaufbau von Kirchen." Der Gründerbischof hätte den damaligen Gläubigen etwas zugemutet mit seiner Anordnung, den Kauf von Kirchenglocken, Orgeln und Heiligenfiguren zu besteuern und mit den Einnahmen denen zu helfen, die überhaupt kein Dach über dem Kopf hatten. Es galt, Familien, die durch den Krieg ihr Zuhause oder ihre Lebensgrundlage verloren hatten und Vertriebenen aus den bisherigen Ostgebieten Deutschlands ein Heim zu ermöglichen. "Bischof Wendel sagte: ,Man kann das Haus Gottes nicht schön einrichten, wenn man an der Not der Menschen achtlos vorbeigeht‘H, zitierte Wiesemann den Vorgänger. Diese kirchliche Zwangsabgabe für den sozialen Wohnungsbau hatte Erfolg: "Schon im Oktober 1949 konnte Bischof Wendel die ersten Häuser in Ludwigshafen einweihen." Neben finanzieller Beteiligung waren die Pfarreien auch zur Bereitstellung von eigenen Grundstücken für den Wohnbau aufgerufen.
Heute gebe es eine andere Form von Wohnungsnot, obwohl wie vor 75 Jahren wieder eine Flüchtlingsbewegung eingesetzt habe. "In unserer Welt heute wird jeden Tag sinnlos Wohnraum zerstört, vor allem durch Kriege. Wenn auch die Gesichtspunkte heute andere sind, so bleibt die Arbeit des Siedlungswerkes im Kern doch aktuell." Die Aufgabe der Kirche sei ihr von Jesus Christus aufgegeben, wie Karl-Heinz Wiesemann weiter ausführte: "Beharrlich sein, Anwalt der Notleidenden sein. Und immer wieder anklopfen bei Gesellschaft und Politik mit der Forderung nach Gerechtigkeit und besserem Leben für alle." Hier füge sich das Gemeinnützige Siedlungswerk mit seiner Arbeit ein, so der Bischof. Ziel des Engagements, für das er früheren und heutigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danke, sei nicht, den Gewinn zu optimieren, sondern, im Sinne des Evangeliums zu wirken. "Und es ist keine Zeit zum Ausruhen in unserer jetzigen krisenhaften Gegenwart."

Festakt mit Rückblick und Ausblick auf die Herausforderungen der Wohnraumgestaltung
Im Anschluss an die Messfeier wurde das 75-jährige Bestehen des Gemeinnützigen Siedlungswerks mit einem Festakt im Kaisersaal des Doms begangen. Hier trat zunächst der Geschäftsführer des GSW, Christian Rohatyn, ans Mikrofon. Er dankte den Anwesenden für ihre Verbundenheit mit und ihre Unterstützung für das Siedlungswerk, wobei er die eigenen Mitarbeiter hervorhob. Ferner kündigte er einen Rückblick und einen Ausblick auf die Zukunft auf die Arbeit der katholischen Baugenossenschaft an. Das Ziel sei von Beginn bis heute unverändert geblieben: bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und Lebensräume zu gestalten.
Als Aufsichtsratsvorsitzender übernahm Benjamin Schmitt, zugleich Leiter der Liegenschaftsabteilung des Bistum Speyer, den Rückblick. Er nahm die Anwesenden mit auf eine Reise durch die vergangenen Jahrzehnte. Zunächst beleuchtete er die Umstände der Gründung, die wenige Jahre nach Kriegsende am 6. Mai 1949 stattgefunden hatte. Im 2. Weltkrieg waren im Bistumsgebiet rund 25 Prozent des Wohnraums zerstört, in manchen Städten bis zu 80 Prozent, wie ein an die Wand geworfenes Bild der zerstörten Ludwigshafener Innenstadt eindrucksvoll vor Augen führte. Schmitt zitierte Bischof Wendel mit dem Satz "Wohnbau ist Dombau" der belegt, dass dem Wiederaufbau von Wohnraum vom damaligen Bischof hohe Bedeutung zugemessen wurde. Nur mit dieser Gewichtung des Themas ist erklärbar, dass bereits ein Jahr nach der Gründung 75 Siedlungshäuser fertiggestellt waren.
Schmitt zeigte in seiner Präsentation, wie die Lebensumstände der verschiedenen Jahrzehnte den Wohnungsbau und damit das Wirken des Gemeinnützigen Siedlungswerks prägten. So besaß das einfache Typenhaus, wie es beispielsweise in Annweiler gebaut wurde, noch Stallungen und andere Wirtschaftsräume, freilich in bescheidenem Umfang. Domkapitular Peter Schappert, Leiter der Hauptabteilung Finanzen und Immobilien und Gesellschafter Vertreter des GSW, zeigte anhand des Stundenbuchs eines Verwandten, wie in den Anfangsjahren der Baugenossenschaft das Bauen für die Eigentümer mit einem nachhaltigen Finanzierungskonzept verbunden war und wie durch ein hohes Maß an Eigenleistung der Wohnungsbau erschwinglich gehalten wurde. In den 60er Jahren nahm der Wohlstand zu und die Bedeutung der Eigenleistung ging zurück. "Man baute nicht mehr selbst, sondern ließ bauen", fuhr Schmitt fort. Als Beispiel für den Wohntypus zeigte er Doppelhäuser aus Schifferstadt.
Um den stark ansteigenden Bedarf nach Wohnraum zu befriedigen wurden in den 70er vor allem Hochhäuser, wie das in der Bexbacher Straße in Ludwigshafen, gebaut. Beeindruckende 2000 Wohneinheiten entstanden in diesem Jahrzehnt auf dem Gebiet des Bistums. Dieses Wachstum verlangsamte sich in den 80er Jahren, bedingt durch Inflation und gestiegene Baukosten. Gezeigt wurden Reihenhäuser in Landstuhl. In den 90er Jahren lag der Gesamtbestand bei 900 Einheiten. Gebaut wurde etwa in Speyer ein Wohnkomplex in der Oberen Langgasse. Mit den 2000er Jahren gelangte der Überblick über die Bauaufgaben schließlich in die Gegenwart. Schmitt sprach hier Projekte wie die Neubebauung des Geländes am Priesterseminar in Speyer oder Abriss und Neubau von Objekten in Ludwigshafen und Maikammer an. Damit zeigte er zugleich, dass die Bautätigkeit sich von Anfang an bis heute über das gesamte Bistumsgebiet erstreckt.
Einen Blick in die Zukunft bot der Vortrag von Architekt Dennis Ewert. Er zeigte, welche Themen und Megatrends die Bauplanung aktuell bestimmen und stellte zukunftsweisende Projekte vor. Alte Gebäudetypen mit enger Festlegung der Nutzungsform würden immer mehr obsolet und von neuen, dynamischen Bauformen abgelöst, erklärte der Architekt. Gefragt sei die Anpassungsfähigkeit an sich wandelnde Vorstellungen von Wohn- und Arbeitsräumen. Diese führe zudem zu mehr Nachhaltigkeit, die unter anderem mit Umnutzung von Bestandsgebäuden erreicht würde. Als Beispiel zeigte Ewert den Umbau eines Gymnasiums, das in klassischer Beton-brut-Architektur gebaut worden war und durch Umgestaltungsmaßnahmen einen neuen, menschenfreundlichen Charakter erhielt, wobei der Umbau weit weniger gekostet habe, als ein Neubau. Ein weiteres Beispiel stammte aus Bordeaux, wo ein Wohnblock durch eine zweite Fassade mit Glasflächen Balkone erhielt, welche den Wohnraum deutlich aufwerteten. Als Trends kennzeichnete der Architekt gemeinschaftliches Wohnen und die Kombination von Wohnraum und Arbeitsflächen. Generationenhäuser und Co-Working Spaces stehen für diese Entwicklung.

Das Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungs-Werk der Diözese Speyer
Das Gemeinnützige Siedlungswerk wurde am 6. Mai 1949 in Speyer gegründet. An der Errichtung beteiligten sich die Diözese Speyer, das Priesterseminar, die Pilgerdruckerei, der Diözesan-Caritasverband, die Siedlervereinigung "Junges Volk" Ludwigshafen, die Christliche Siedlervereinigung "St. Michael" Speyer und die aus einer Siedlervereinigung hervorgegangene Eigenheim-Baugenossenschaft Schifferstadt. In den vergangenen 75 Jahren hat die GmbH 8000 Wohneinheiten in der Pfalz und der Saarpfalz neu errichtet und davon rund 7000 verkauft. Rund 1000 Wohneinheiten gehören heute zum Eigenbestand des Speyerer Unternehmens, das somit auch auf dem Mietwohnungsmarkt aktiv ist. Die GSW beschäftigt 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, darunter Architekten und Verwalter, Handwerker und Immobilienkaufleute. Weitere Infos auf www.gsw-speyer.de

Informationen zur Geschichte und die Sonderbeilage der Zeitschrift "Der Pilger" gibt es hier zum Download: https://www.pilger-speyer.de/nachrichten-der-pilger/nachrichten/?tx_ttnews%5Btt_news%5D=40980&cHash=cc5789f544a10abcbf8a82775a482484 (Text: Bistum Speyer, Pilger / Foto: Landry)