Von Klaus Stein
Das ZDF "Heute Journal" hatte in seiner Ausgabe am Dienstagabend einen Beitrag über das Geschäfte-Sterben in Deutschen Innenstädten. Auch in Speyer gibt es durchaus alarmierende Symptome, denn immer mehr meist inhabergeführte Traditionsgeschäfte machen dicht.

Jüngstes Beispiel ist Foto Fix in der Maximilianstraße. Vor fast einem Jahrzehnt hatte Moritz Feuerstein als junger Fotograf das Geschäft übernommen. Jetzt ist am 17. Februar Schluss. Die Gründe dafür seien mehrschichtig, sagte er im Gespräch mit speyer-info: "Viele Jahre lief es ganz gut, kamen wir über die Runden. Selbst Corona haben wir halbwegs glimpflich überstanden, auch dank der Flexibilität unseres Vermieters. Einen 30-prozentigen Umsatzrückgang in den vergangenen Monaten haben wir nicht mehr verkraftet", nannte er die Gründe. Wegen der Inflation würden die Leute ihr Geld zurückhalten, meint Moritz Feuerstein. Deshalb habe er die Reißleine gezogen, um keine Schulden anzuhäufen, mache als Fotograf ohne Studio weiter.
So ähnlich wie Moritz Feuerstein äußerten sich auch andere Geschäftsinhaber*innen. Bei vielen ist die Zukunft ungewiss.
Noch besteht kein Grund zur Panikmache, aber im Bereich der Innenstadt gibt es bereits mehrere Leerstände - und da ist ja auch noch die ungewisse Zukunft des Kaufhofs. Ob er noch einmal dem Schließungstod von der Schippe springen kann ist mehr als zweifelhaft.
Schaut man sich die Situation im Einzelnen an, dann werden gleich mehrere Gründe für die insgesamt negative Entwicklung deutlich. In der Maximilianstraße werden die Leerstände noch relativ schnell beseitigt. Allerdings sinkt die Qualität, folgt auf ein Modegeschäft eine Bäckereifiliale oder ein Handyladen.
In der Bahnhofstraße im Bereich der Postgalerie gibt es fast ausschließlich Wettbüros oder Spielhöllen, und das mitten in der Kernstadt.
Halbwegs scheint es in der Roßmarktstraße zu funktionieren, ist sie doch in die Maximilianstraße eingebunden. Es gebe auch in seiner Straße eine Fluktuation, aber noch keine Leerstände, außert sich Mathias Münzenberger, der in der Roßmarktstraße ein Teecontor betreibt, gegenüber unserer Zeitung. Er selbst hat bereits vor vielen Jahren den Internethandel für sich als Geschäftsmodell neben dem stationären Laden erkannt.
Im Gegensatz zu einigen seiner Kollegen*innen plädiert dafür, die Füßgängerzone auszuweiten. "Wenn ich in eine andere Stadt komme möchte ich zwar eine gute Parkmöglichkeit haben, aber auch eine möglichst große Füßgängerzone zum Flanieren", sagt er und fügt hinzu, dass es den meisten Menschen so geht. Voraussetzung sei, dass man gut mit einem Shuttle dorthin komme.
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Ein richtiges "schwarzes Loch" bildet die allerdings Schustergasse, ebenfalls eine Seitenstraße der Maximilianstraße. Neben einem leeren Geschäft gibt es dort Imbisse und - der Tiefpunkt des innerstädtischen Handels - einen Laden, der die Waren nur noch in Automaten anbietet.
Auch Rund um den Königsplatz entwickelt sich kein attraktiver Handel. Laufkundschaft macht mit Grausen einen Bogen um den als Parkplatz verschandelten Bereich.
Wir haben bei der Stadt nachgefragt, wie sie die Situation um den innerstädtischen Handel beurteilt. Pressesprecherin Anna Hahn antwortete wie folgt: "Die Stadt hat Kenntnis von zwei offensichtlichen und längerfristigen Leerständen in der Maximilianstraße. Die Eigentümer wurden von der Verwaltung schon mehrmals kontaktiert; eine Unterstützung jedoch leider nicht angenommen beziehungsweise nicht gewünscht.
Die Stadtverwaltung Speyer befindet sich im regelmäßigen Austausch mit lokalen Unternehmen und weiß deshalb, dass die Gründe für eine Geschäftsaufgabe vielfältig sind. Häufig werden die hohen Mieten genannt, die insbesondere die Ansiedlung von kleinen inhabergeführten Geschäften kaum bis gar nicht ermöglichen. Leider kann die Verwaltung hier nur bedingt unterstützen. Deshalb möchte sie die Eigentümer viel stärker einbinden, was bei ortsansässigen Eigentümern häufig gut funktioniert, bei externen leider kaum möglich ist.
Zusammen mit der Leistungsgemeinschaft 'Das Herz Speyers' hat die Stadtverwaltung für dieses Jahr einige neue Veranstaltungsformate entwickelt, die die verkaufsoffenen Sonntage begleiten werden und mit attraktiven Angeboten Kundinnen und Kunden in die Innenstadt ziehen sollen. Als Beispiel ist hier der Garten- und Pflanzenmarkt am 20. und 21. April 2024 auf der Maximilianstraße zu nennen, bei dem vielfältige Produkte rund um das Thema Garten präsentiert werden. Lokale wie überregionale Gärtnereien und Betriebe sollen dadurch unterstützt werden. Wer sich beteiligen will, kann sich noch bis 15. März 2024 bei der Stadtverwaltung bewerben – alle Informationen sind unter www.speyer.de/de/veranstaltungen/gartenmarkt-2024/ zu finden.
Darüber hinaus liegt es an uns allen, den Handel vor Ort als Kundinnen und Kunden zu unterstützen."
Helfen könnte auch die Verkehrsberuhigung in der Bahnhof-Gilgenstraße zeitnah umzusetzen, um die Innenstadt bis zur Gedächtniskirche zu erweitern. Ob man die Wettbüros und Spielhöllen los wird, zeigt sich dann.
Auch der Ausbau der Schustergasse und die vielfach geforderte menschengerechte Umgestaltung des Königsplatzes würde in diesem Bereich die Situation verbessern. Allerdings ist ein entsprechender Antrag der Linken erst kürzlich im Stadtrat an der Mehrheit von CDU und SPD gescheitert.
Beim ZDF "Heute-Journal" wurde übrigens Oldenburg als Beispiel gezeigt. Dort haben die beteiligten Partner sich zusammengesetzt, ein Konzept für ein viele Jahre leerstehendes "Hertie"-Gebäude erarbeitet und damit die Verödung der Innenstadt gestoppt. (Fotos: ks)