Von Seán McGinley
Ein bisschen mehr Dramatik als geplant oder erwünscht mussten die Männer des JSV Speyer erleben. Bevor der 9:5-Sieg gegen den TV Erlangen feststand, musste zwischendurch ordentlich gezittert werden. Am morgen des Kampfes gab es die schlechte Nachricht, dass Michel Adam kurzfristig erkrankt ausfallen würde, und auch Martin Ludwig wider Erwarten nicht dabei sein würde.
Der Kampf stand also nicht unter den allerbesten Vorzeichen, trotz der optimalen Rahmenbedingungen vor großer und stimmungsvoller Kulisse im Judomaxx. Zwar konnte Franz Haettich mit einem Sieg im Auftaktskampf vorlegen, doch die Gästen schafften es immer wieder, dranzubleiben, in dem sie jeden zweiten Kampf gewannen, nachdem Haettich, Dimitri Gochilaidze, und der in der Gewichtsklasse bis 60 Kilogramm debütierende Italiener Andrea Carlino Speyer jeweils in Führung gebracht hatten. Frustrierend für die Gastgeber, dass Till Braunbach, Viktor Driller und Pierre Ederer allesamt ihre Kämpfe abgeben mussten, obwohl sie durchaus Erfolgschancen gehabt hätten. "Unser Ziel war, uns zunächst im ersten Durchgang eine Führung zu erarbeiten. Letztendlich hatten wir einen spannenden Verlauf, der für mein Geschmack etwas zu knapp war, aber sicherlich spannend für die Zuschauer", so Teamchef Michael Görgen-Sprau.
Dass der JSV überhaupt mit einer in einer knappen Führung in die Pause gehen konnte, hatte er letztlich Philip Müller zu verdanken, der in seinem erst zweiten Kampf nach überstandener Fußverletzung voll gefordert wurde, aber der Aufgabe gewachsen war. Nach Ablauf der vollen Kampfzeit ohne Wertung, gelang ihm nach eineinhalb Minuten der Verlängerung die entscheidende Wazaari-Wertung zum den Kampf zu gewinnen.
Zum Start in den zweiten Durchgang konnte Franz Haettich mit einem weiteren Sieg gegen den gleichen Gegner Speyer erstmals mit zwei Punkten in Front bringen. Das war nicht nur wichtig für das Team, sondern auch für Haettich persönlich, für den der doppelte Erfolg eine gewisse Genugtuung brachte, nachdem er am ersten Saisonkampftag in Offenbach zweimal verloren hatte. "Mein Gegner war ein unangenehmer Linkskämpfer, aber gegen meine Hüfte hatten seine starken Arme letztendlich keine Antwort. Ich war sehr froh, wieder zeigen zu können, was ich kann, und wieder Selbstvertrauen zu tanken, denn die Niederlagen in Offenbach hatten mich schon ziemlich runtergezogen", berichtete Haettich.
Noch war aber nichts entschieden, und aufgrund der kurzfristigen Ausfälle musste in den leichten Gewichtsklassen ein bisschen improvisiert werden. Andrea Carlino wurde in die Gewichtsklasse bis 66 Kilogramm hochgestellt, lieferte sich einen intensiven und engen Kampf mit seinem Gegner und feierte einen Sieg mit Ippon – nur um erleben zu müssen, wie die Wertung zurückgenommen wurde und sein Gegner anschließend eine umstrittene Wertung zugesprochen bekam, die den Kampf zugunsten des Erlangers entschied. "Eine Wertung, die man nicht unbedingt geben muss, und außerdem war die Kampfzeit möglicherweise abgelaufen", schilderte der JSV-Teamchef die Gründe für den Speyerer Frust in dieser Situation. Zwar konnte Gochilaidze zügig den nächsten Speyerer Punkt einfahren, doch anschließend gab es das nächste Frust-Erlebnis, als Patrick Schmidt seinen Kampf abgeben musste und mit einigen Kampfrichter-Entscheidungen, unter anderem bei der entscheidenden Wertung, haderte. So stand es bei drei ausstehenden Kämpfen 6:5 für Speyer. Felix Bächle trat in der Kategorie bis 60 Kilogramm an und löste den wohl größten Jubel des Tages aus, als er nach etwas über einer Minute den Kampf gewann – endlich die ersehnte Vorentscheidung. Im Anschluss holte Andreas Benkert noch einen Punkt im Schwergewicht und Philip Müller schaffte dieses Mal eine schnelle Entscheidung, um den letztlich klaren Endstand von 9:5 herzustellen.
Die Speyerer und ihr nächsten Gegner, dem KSV Esslingen, der am 3. Juni im Judomaxx gastiert, sind nun die einzigen Mannschaften der Liga, die alle Kämpfe gewonnen haben. Der JSV freut sich auf den Spitzenkampf, betont aber, dass die Favoritenrolle sehr klar verteilt ist, da Esslingen das Ziel hat, Deutscher Meister zu werden und sich entsprechend abermals verstärkt hat. "Wir wollen uns am 3. Juni möglichst teuer verkaufen und hoffen, dass das zu Hause mit unseren Fans im Rücken gelingen wird, auch wenn die Schere zwischen uns und ihnen dieses Jahr nochmal deutlich weiter auseinandergegangen ist mit ihren zahlreichen Verstärkungen", so Michael Görgen-Sprau.